Die frühen Förderinstrumente der DFG

In den Gründungsjahren der Notgemeinschaft war es angesichts des generell knappen Budgets, das zudem durch die fortschreitende inflationäre Entwertung der Mark belastet wurde, nur sehr eingeschränkt möglich, Forschung im großen Stil zu fördern. Im ersten Jahresbericht der Notgemeinschaft wird dementsprechend ausgeführt (Notgemeinschaft 1922: 10):

„Die Hilfstätigkeit der Notgemeinschaft erstreckt sich auf die Gewährung von:

  1. Druckunterstützungen für Zeitschriften, Fortsetzungswerke und Einzelforschungen,
  2. Apparaten und Instrumenten,
  3. verbrauchbarem Arbeitsmaterial, wie Chemikalien usw.,
  4. Versuchstieren,
  5. ausländischer Literatur,
  6. Forschungs- und Reisestipendien.“

Die Druckunterstützung war bei Aufnahme des Fördergeschäfts das mit Abstand wichtigste Förderinstrument. Dies geht aus der folgenden Tabelle aus dem ersten Jahresbericht der Notgemeinschaft hervor, die detailliert über die Verteilung der Mittel auf die damals neu eingerichteten Fachausschüsse Auskunft gibt.

Annähernd 60 Prozent der Mittel wurden für diesen Zweck bereitgestellt. In den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachausschüssen lag die Quote noch deutlich höher, bis hin zu 100 Prozent wie etwa in der Theologie oder der Jurisprudenz. Dass umgekehrt etwa in der Chemie keine Druckunterstützung notwendig schien, erklärt sich laut Jahresbericht „daraus, daß bei den letzteren die Zeitschriften infolge ihrer Bedeutung für die Industrie usw. sich in gewissem Umfange selbst zu erhalten in der Lage sind“ (Notgemeinschaft 1922: 13).

Die in der Tabelle ausgewiesenen Beträge addieren sich auf einen Gesamtbetrag von knapp 18 Millionen Mark. In ähnlicher Größenordnung (13 Millionen Mark) wendete der eigens eingesetzte Bibliotheksausschuss Mittel für die Beschaffung von Auslandsliteratur auf. Die in jenen Jahren einsetzende Hyperinflation machte die Planungen allerdings rasch zur Makulatur, die fortschreitende Entwertung der deutschen Mark erschwerte die ursprünglichen Ankaufspläne ausländischer Literatur. Die Arbeit konzentrierte sich daher zunächst „auf die Anbahnung und Fruchtbarmachung von Beziehungen zum Auslande“ (Notgemeinschaft 1922: 11). Erfolgreich war der Ausschuss in der international anerkannten Notlage dagegen auf dem Gebiet von Schenkungen: „Seiner Tätigkeit gelang es, Geschenke von Literatur im Werte von mehreren Millionen Mark aus dem Auslande, vor allem aus den nordischen Ländern und Amerika, hereinzubringen“ (Notgemeinschaft 1922: 11).

In GEPRIS Historisch sind Aktivitäten auf dem Gebiet der Literaturbeschaffung aufgrund der Aktenlage nur lückenhaft abgebildet.

Die Situation junger Wissenschaftler war prekär – DFG-Stipendien sollten Abhilfe schaffen

In den frühen Jahren der Notgemeinschaft zählte es zweifellos zu ihren Hauptaufgaben, die besondere Situation junger Wissenschaftler zu verbessern. Deutlich wird dies bereits im ersten Jahresbericht, wie der folgende Textauszug veranschaulicht.

Quelle: Notgemeinschaft 1922: 35f.

Forschungsstipendien stellten also von Beginn an einen wichtigen Teil des DFG-Förderportfolios dar, wenn auch zunächst in nur bescheidenem Umfang. Der im Zitat erwähnte Stifterverband für die deutsche Wissenschaft , im selben Jahr gegründet wie die Notgemeinschaft, hatte unter seinen Mitgliedern ein Startkapital von 2,4 Millionen Mark für die Notgemeinschaft akquiriert. Die Hälfte davon war ausdrücklich für Forschungsstipendien ausgesetzt. Der Jahresbericht hält allerdings fest, dass diese Summe aufgrund der Hyperinflation für gerade einmal 43 Stipendiaten genügte und daher um einen nicht genannten Betrag aus dem normalen Budget aufgestockt werden musste (vgl. Notgemeinschaft 1922: 14).

Dass diese Größenordnung das strukturelle Problem der sich massiv gestaltenden Nachwuchslücke nicht lösen konnte, war offensichtlich. Im Jahr 1925, als endlich wieder an eine Art „Normalbetrieb“ zu denken war, starteten die Verantwortlichen deshalb in Form von zwei Denkschriften einen besonderen Appell an die Geldgeber aus Politik und Wirtschaft. Friedrich Schmidt-Ott, der damalige Präsident, verfasste das Hauptwerk „Denkschrift über die Forschungsaufgaben der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft im Bereich der Nationalen Wirtschaft, der Volksgesundheit und des Volkswohls“. Damit gelang es ihm im Frühjahr 1925, einen Sonderfonds von 5 Millionen Reichsmark für das neu entwickelte Programm „Gemeinschaftsarbeiten“ durchzusetzen. Fritz Haber, Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und wie Schmidt-Ott einer der Gründungsväter der Notgemeinschaft, ergänzte diese Denkschrift in Form einer bescheiden als „Anlage“ titulierten Schrift, um mit flammenden Worten für eine deutlich intensivierte Nachwuchsförderung zu werben. Dabei schreckte er, wie sich in der folgenden Infobox nachlesen lässt, weder vor deutlich nationalistischen Akzenten zurück, noch davor, das wissenschaftliche Establishment zu brüskieren. Aber er verstand es auch, mit einfachen Bildern zu argumentieren und schlussendlich für sein Anliegen zu überzeugen.

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Quelle: Haber, 1925: 21f.

Voraussetzung für ein Stipendium war in der Regel die deutsche Staatsbürgerschaft und – ab 1935 – eine abgeschlossene Promotion (zu einer prominenten Ausnahme von dieser Regel vgl. hier). Der Wissenschaftshistoriker Lothar Mertens betont in einer Studie zu dem damaligen Stipendiensystem der DFG, dass es aber auch ganz entscheidend gewesen sei, wo das Stipendium absolviert werden sollte bzw. „bei wem“: War der entsprechende Wissenschaftler eine Koryphäe seines Fachs, war dies ein wichtiger Erfolgsfaktor (vgl. Mertens, 2004: 146).

Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, weist GEPRIS Historisch bei Stipendienanträgen in der Regel (abhängig von der Quellenlage) zwei Namen aus, nämlich den der Person des Geförderten („Stipendiat/-in“) sowie des den Antrag (befürwortend) einreichenden Professors („Antragsteller“).

Die Wissenschaft hat zunehmend Bedarf an oft teuren Geräten

Wie schon für die Beschaffung von Auslandsliteratur wurde auch für Geräte ein eigenes Gremium, der sogenannte Apparate- und Materialausschuss, eingerichtet. Dieser setzte von Beginn an auf die zentrale Bündelung von Bestellungen, da so erhebliche Preisnachlässe erzielt werden konnten. Die für die jeweiligen Untersuchungen benötigten Apparate wurden von der Notgemeinschaft nach den Vorstellungen des Forschers angeschafft, der um Geräte oder Materialien bat. Anschließend wurden sie inventarisiert und dem antragstellenden Wissenschaftler für seine Untersuchungen leihweise zur Verfügung gestellt. Die Geräte blieben Eigentum der Notgemeinschaft. Bis 1928 war so bereits ein Apparatebestand entstanden, der etwa 8.000 Geräte umfasste (vgl. Flachowsky, 2008: 73). Darunter befanden sich auch mehrere wie hier abgebildete „Quarzspektrographen“ – GEPRIS Historisch verzeichnet insgesamt 34 Geräte-Bewilligungen, in denen ein solches Gerät, das zur Aufnahme von Spektren eingesetzt wird, aus dem Bestand der DFG leihweise zur Verfügung gestellt wurde.

BILD: E3 Spektograph mit Quarzprisma

Ein Quarzspektograph – ein damals häufig nachgefragtes Gerät.

Quelle: Museum der Universität Tübingen , Fotograf: Valentin Markwardt.

Von großer wirtschaftlicher Bedeutung war mit Blick auf Geräte auch die Arbeit des Ausschusses für Werkzeugmaschinen. Der erste Jahresbericht der Notgemeinschaft hebt hervor: „Ein besonderes Tätigkeitsgebiet bildete die Beschaffung von Werkzeugmaschinen, da bei einer besseren Ausstattung der Laboratorien mit Werkzeugmaschinen, durch Selbstanfertigung von Apparaturen große Mittel erspart werden können“ (Notgemeinschaft 1922:11).

Vor dem Hintergrund knapper Mittel und der zunächst zwangsläufig vorherrschenden Fokussierung auf die Gewährung von Druckzuschüssen ist nachvollziehbar, dass die Bereitstellung von Mitteln für meist teure Geräte mit einem gewissen Rechtfertigungsdruck verbunden war. Im ersten Jahresbericht der Notgemeinschaft, der einleitend ausführt, dass Geräte vor allem in den „exakten Grundwissenschaften: Physik, Chemie und Mineralogie“   benötigt werden, wird etwa mit Blick auf den Bedarf der Physik wie in der nebenstehenden Infobox argumentiert:

Quelle: Notgemeinschaft 1922: 16.

Reisebeihilfen öffnen das Tor zur Welt

Während der Jahre der Inflation verhindert diese zunächst weitgehend die Finanzierung von Forschungsreisen. Der erste Jahresbericht der Notgemeinschaft hält hierzu fest: „Ebenso hat die Notgemeinschaft auch nur in einigen Ausnahmefällen Unterstützungen für Reisen in das valutastarke Ausland bereitgestellt, und zwar stets unter dem Gesichtspunkt, daß dadurch bereits begonnene und zum großen Teil durchgeführte Forschungen ihrem Abschluß zugeführt werden sollten. Im übrigen wurden kleinere Beträge zu Forschungsreisen in Deutschland gewährt, hauptsächlich an Geographen, um überhaupt die Fortführung geographischer Arbeiten zu ermöglichen und die vielfach zurückgebliebene Erforschung des eigenen Landes zu fördern“ (Notgemeinschaft 1922: 15).

Erst mit dem vierten Jahresbericht, der das Berichtsjahr 1924/25 abbildet, werden die Förderaktivitäten mit Bezug auf Forschungsreisen in einem eigenen Kapitel gewürdigt. Waren im Jahr zuvor noch 42 Anträge auf Reiseunterstützung bewilligt worden, stieg die Zahl im genannten Berichtsjahr auf 142 Bewilligungen an (vgl. Notgemeinschaft 1925: 85). Eine dort veröffentlichte statistische Betrachtung ergibt, dass die Hauptzahl der Anträge auf die Fachausschüsse für Biologie, Kunstwissenschaften, Geographie, neuere Philologie, alte und orientalische Philologie, Geschichte, Geologie und Mineralogie entfällt, „Wissenschaftsgebiete, für die eine unmittelbare Orientierung und genaueste Fühlungnahme mit dem Material eine unbedingte Notwendigkeit ist“ (Notgemeinschaft 1925: 86).

Weil das Geld nach wie vor knapp war, galten für die Bewilligung von Forschungsreisen strenge Regeln, wie der in folgender Infobox zitierte Text vermittelt.

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Quelle: Notgemeinschaft 1925: 86f.

Ende der 20er-, Anfang der 30er-Jahre wurden Forschungsreisen dann zunehmend zu einem selbstverständlichen Teil des Förderportfolios. Nicht zuletzt in den Geisteswissenschaften und hier vor allem durch Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker wurde das Instrument gerne genutzt, um Reisen zu den Stätten der Kunst zu finanzieren.

Von der „Experimentalforschung“ zur späteren Sachbeihilfe

Im Jahresbericht für das Geschäftsjahr 1925/26 wird die sogenannte Experimentalforschung erstmals in einem eigenen Abschnitt thematisiert. Die folgende Infobox zitiert den Jahresbericht mit einer Erklärung, warum es eine gewisse Zeit in Anspruch nahm, bis dieses Instrument tatsächlich zum Tragen kam.

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Quelle: Notgemeinschaft 1926: 75f.

Hieß es im vierten Jahresbericht (1924/25) unter der Überschrift „Forschungsbeihilfen“ noch, dass die dort aufgelisteten Maßnahmen „für Vorarbeiten zur Herausgabe von Werken bzw. für Fertigstellung der Manuskripte“ mit Zuschüssen unterstützt wurden, und so quasi dem Primat der Drucklegung folgten, etablierte sich nun die Förderung von tatsächlichen Forschungsvorhaben als eigentliches Kernelement des DFG-Förderhandelns. Und anders, als es der Begriff „Experimentalforschung“ nahelegt, wurde das Instrument auch von Angehörigen geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer genutzt – wenn auch zunächst in kleinerer Zahl. Zu den drei Anträgen im Fachausschuss Kunstwissenschaft gehörte beispielsweise eine Studie zur „Aufnahme zur niedersächsischen Kunst des Mittelalters in der Umgebung Hannovers“ .
Der Begriff der „Sachbeihilfe“ kam dann allerdings tatsächlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Bereits im ersten Jahresbericht 1949/50 heißt es diesbezüglich: „Die Notgemeinschaft gibt grundsätzlich – mit Ausnahme der Stipendien für Nachwuchskräfte – keine Beihilfen zum persönlichen Lebensunterhalt, sondern gewährt sachliche Unterstützung. Diese kann bestehen in Sachbeihilfen (z. B. Apparate, Materialien, Chemikalien, Geldmittel für die Beschäftigung wissenschaftlicher oder technischer Hilfskräfte), in Reisebeihilfen und in Druckbeihilfen zur Publikation der Ergebnisse der Forschung. Die Notgemeinschaft beschafft ferner ausländische wissenschaftliche Literatur für die Hochschul- und großen Staatsbibliotheken“ (Notgemeinschaft 1950: 10f.).

In GEPRIS Historisch wird das Instrument dieser späteren Konvention entsprechend durchgehend als „Sachbeihilfe“ bezeichnet.

Forschungsaufträge ebnen den Weg für „kriegswichtige Forschung“

Mit der weitgehenden Übernahme des Fördergeschäfts der DFG durch den Reichsforschungsrat (RFR) wurde das System der Fachausschüsse im Jahr 1937 aufgelöst. An seine Stelle traten Fachsparten und vom RFR eingesetzte Fachspartenleiter, die in Personalunion Anträge begutachteten und entschieden oder sogar selbst initiierten. Den Mitarbeitenden der DFG-Geschäftsstelle wurde noch die Bearbeitung von Anträgen in den als nachrangig betrachteten Geisteswissenschaften überlassen, die Fachspartenleiter übernahmen das Geschäft auf technik- und naturwissenschaftlichem Gebiet.

Eine besondere Rolle kam hierbei dem in den 40er-Jahren neu eingeführten Instrument des Forschungsauftrags zu, das vor allem in den letzten Kriegsjahren bestimmend wurde. Forschungsaufträge und hierbei insbesondere auch die an diese Aufträge gekoppelten Dringlichkeitsstufen waren nämlich Voraussetzung dafür, Zugang zu Geräten und häufig kontingentierten Materialien zu bekommen. Von Bedeutung war das Verfahren aber auch und insbesondere mit Blick auf die wissenschaftliche Belegschaft des jeweiligen Instituts: Nur mit einem Forschungsauftrag und einer einschlägigen Dringlichkeitsstufe war es möglich, für einzelne Mitarbeiter Freistellungen vom Kriegsdienst zu erwirken (sogenannte UK-Stellungen) und sie so quasi an der „Heimatfront“ für kriegswichtige Forschungsarbeiten einzusetzen. Sofern neben Zugang zu Material und Freistellung von Mitarbeitern weitere Sachmittel benötigt wurden, mussten diese (wie bisher) über eine eigene Sachbeihilfe beantragt werden.

Das System der Dringlichkeitsstufen galt für die Wissenschaft, aber auch für die Wirtschaft. Wie Sören Flachowsky 2003 (14ff.) und 2008 (400ff.) herausarbeitete, hatte sich mit dem Beginn des Krieges ein immer komplizierter werdendes System der Dringlichkeitseinstufungen für die Rohstoff- und Materialverteilung entwickelt. Zu den Stufen „S“   und „SS“   für „vordringliche Fertigungen“   kam eine diese überragende Stufe „DE“ (dringende Entwicklung) hinzu, die nur für „Entwicklungen oder für anlaufende Serien ganz besonders vordringlicher Fertigungen mit beschränkter Stückzahl oder für einmalige Aufträge auf allerschnellstens zu beschaffende Geräte infrage“   kam. Die Vergabe der „Sonderstufe DE“ erfolgte persönlich durch Albert Speer, seit 1942 Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Mit den letzten Kriegsjahren uferte das System von Dringlichkeiten stetig aus und wurde der jeweiligen Lage angepasst. Am Ende stand ein Wust von Anordnungen. Ohne eine offizielle Dringlichkeitsbezeichnung konnte überhaupt kein Auftrag mehr untergebracht werden. Das System endete mit dem am 23. Januar 1945 durch Adolf Hitler verfügten „Führer- oder Rüstungsnotprogramm“   , das zur anschließenden Aufhebung aller Dringlichkeitsstufen führte. Ab sofort war nur noch „kriegsentscheidende“ Forschung förderwürdig.

GEPRIS Historisch weist die an Forschungsaufträge gekoppelten Dringlichkeitsstufen fallbezogen aus. Sofern anhand der Unterlagen festgestellt werden konnte, dass eine oder mehrere Sachbeihilfen und ein Forschungsauftrag sich auf das selbe Vorhaben beziehen, werden diese im System zusammengehörend dargestellt.

Eine Lesehilfe zu diesen Stufen sowie weitere Hinweise zu deren Entwicklung bieten der hier verlinkte, von Sören Flachowsky verfasste Abschlussbericht zum Projekt „Wissenschaftliche Erschließung des DFG-Aktenbestandes im Bundesarchiv (Berlin/Koblenz)“   , S. 13ff. sowie die vom gleichen Autor 2008 veröffentlichte Studie (vgl. Literaturverzeichnis am Ende des Textes).

Geförderte Infrastrukturen

Abschließend verdienen noch einige wenige Sonderfälle Beachtung, die sich auf geförderte Infrastrukturen beziehen. Bereits in den 1920er-Jahren förderte die DFG das Forschungsschiff „Meteor“ (für das auch heute noch ein Nachfolgeschiff gleichen Namens von der DFG als sogenannte Hilfseinrichtung gefördert wird). Es kam unter anderem im Rahmen von zwei atlantischen Expeditionen zum Einsatz. Seinerzeit wurde noch nicht so scharf zwischen Einzelvorhaben unter Nutzung des Forschungsschiffs und Betrieb desselben unterschieden. In den Daten von GEPRIS Historisch findet sich daher ein gewisser „Mix“ der beiden Förderformate. In der Regel werden von der DFG finanzierte Infrastrukturen dabei in der Form abgebildet, dass sie als Untereinheit von „Deutsche Forschungsgemeinschaft“ oder „Reichsforschungsrat“ geführt werden.

Neben dem besonders prominenten Beispiel des Forschungsschiffes finden sich hier noch:

  • Das „Referat für deutsche Volksforschung“, das vor allem mit der Betreuung des „Atlas der deutschen Volkskunde“ befasst war (vgl. Schmoll, 2009).
  • Das „Moorforschungsinstitut“, wie der vorgenannte Atlas in unmittelbarer Nähe zum ab 1935 eingenommenen Sitz der Geschäftsstelle der DFG am Berliner Matthäikirchplatz angesiedelt, diente dem damaligen (1934 bis 1936) Präsidenten der DFG, Johannes Stark, als eine Art „verlängerter Arm“ für dessen offensichtlich obsessiv betriebenen Aktivitäten in Sachen Moorgoldforschung. Hierbei handelte es sich um den Versuch, aus deutschen Mooren Gold zu gewinnen, wobei der finanzielle Aufwand für das Personal und die Bodenwaschung den mineralischen Nutzen um ein Vielfaches überstieg.
  • Die Tumorfarm, eine Einrichtung zur Züchtung von Versuchstieren. An der Einrichtung waren Wissenschaftler der Charité sowie des Rudolf-Virchow-Krankenhauses in Berlin federführend beteiligt (für weiterführende Hinweise vgl. Moser, 2011). Dieselben Partner eröffneten nach zehnjähriger Bauzeit 1981 eine Nachfolgeeinrichtung, die im Volksmund als „Mäusebunker“ bezeichnet wird. Seither ist die Zahl der Tierversuche stark zurückgegangen, das Gebäude steht leer. Um den Erhalt des Objekts, dessen Baustil dem „Brutalismus“ zugerechnet wird, wird gestritten.
  • Die auf Hugo Hergesell zurückgehende „Sprengkommission“ : Die Arbeiten der Kommission konzentrierten sich auf die Frage, die Schallausbreitung in der Atmosphäre und die Wellenausbreitung in der festen Erdrinde anlässlich von Explosionen zu untersuchen. Bis Ende des Jahres 1927 wurden von der Kommission an 57 Tagen etwa 300 Sprengungen beobachtet, seien es solche der Militärverwaltung (Vernichtung älterer Munitionsmengen) oder seien es Gesteinssprengungen in den deutschen Mittelgebirgen. Ausführliche Darstellungen hierzu finden sich unter anderem in dem Magazin „Deutsche Forschung“ (Ausgabe 1928).

Von eher anekdotischer Natur ist, dass sich unter den Bewilligungen an die Institution DFG selbst auch der Fall eines Mitarbeiters der DFG-Geschäftsstelle, zuständig für das „Referat für volkskundliche Fragen“ findet. Er erhielt in Form eines Stipendiums Mittel für eine Studie zu bodenständigen Brettspielen. Die Mittel wurden offensichtlich „unbürokratisch“ einer Sachbeihilfe entnommen, die an die „Mittelstelle für Spieleforschung“ erfolgt war.

Literatur

Flachowsky, Sören, 2008: Von der Notgemeinschaft zum Reichsforschungsrat. Wissenschaftspolitik im Kontext von Autarkie, Aufrüstung und Krieg, Stuttgart.

Flachowsky, Sören, 2013: Forschergruppe zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1920 – 1970, Wissenschaftliche Erschließung des DFG-Aktenbestandes im Bundesarchiv (Berlin/ Koblenz), Abschlussbericht.

Haber, Fritz, 1925: Anlage zur vorstehenden Denkschrift [von Friedrich Schmidt-Ott]. In: Deutsche Forschung. Aus der Arbeit der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft (Deutsche Forschungsgemeinschaft), Heft 2: 20 – 24.

Mertens, Lothar, 2002: Einige Anmerkungen zur NS-Wissenschafts- und Forschungspolitik. In: Rüdiger vom Bruch, Brigitte Kaderas (Hrsg.): Wissenschaften und Wissenschaftspolitik. Bestandsaufnahmen zu Formationen, Brüchen und Kontinuitäten im Deutschland des
20. Jahrhunderts, Stuttgart: 225 – 240.

Mertens, Lothar, 2004: „Nur politisch Würdige“. Die DFG-Forschungsförderung im Dritten Reich 1933 – 1937, Berlin.

Moser, Gabriele, 2011: Deutsche Forschungsgemeinschaft und Krebsforschung 1920–1970. Studien zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Stuttgart.

Notgemeinschaft 1922: Bericht der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft über ihre Tätigkeit bis zum 31. März 1922, Berlin.

Notgemeinschaft 1925: Vierter Bericht der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft über ihre Tätigkeit vom 1. April 1924 bis zum 31. März 1925, Berlin.

Notgemeinschaft 1926: Fünfter Bericht der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft über ihre Tätigkeit vom 1. April 1925 bis zum 31. März 1926, Berlin.

Notgemeinschaft 1928: Deutsche Forschung. Aus der Arbeit der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, Heft 4: Geophysik und Aerologie, Berlin.

Notgemeinschaft 1950: Bericht der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft über ihre Tätigkeit vom 1. März 1949 bis zum 31. März 1950, Bad Godesberg.

Schmoll, Friedemann, 2009: Die Vermessung der Kultur. Der „Atlas der Deutschen Volkskunde“ und die Deutsche Forschungsgemeinschaft 1928 – 1980 (Studien zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 5), Stuttgart.

  • Zuletzt aktualisiert: 25.09.2024 14:12
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