DFG-Geförderte in der Tagespresse – frühe Formen des „Public Understanding of Science“

Wie geht die Tagespresse auf Personen ein, die von 1921 bis 1945 bei der DFG antragsaktiv waren? Um diese Frage zu beantworten, nutzen wir historische Zeitungsportale mit Volltextsuche. Die Themenseite zeigt beispielhaft die facettenreiche Berichterstattung über Forschende und ihre Arbeit in der Tagespresse – und wie sich mit dem Beginn der NS-Zeit der Fokus auf die Wissenschaft im Sinne der neuen politischen Opportunitäten veränderte.

Quellen und Methodisches

Das Deutsche Zeitungsportal der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB-Zeitungsportal) wurde im Oktober 2021 freigeschaltet – unterstützt durch eine umfangreiche Förderung im von der DFG ausgeschriebenen Programm „Digitalisierung historischer Zeitungen“. Das laufend ausgebaute Angebot startete mit 247 Zeitungen und etwa 600.000 Ausgaben, die zu etwa 84 Prozent volltexterschlossen sind. Es handelt sich um historische Zeitungen aus den Jahren 1671 bis 1994. Das Gros der Titel konzentriert sich mit jährlich über 20.000 Ausgaben auf den Zeitraum der 1870er bis 1940er Jahre und somit auf eine Epoche, die mit Blick auf die von GEPRIS Historisch abgebildete Zeitspanne von besonderem Interesse ist.

BILD: Titelseite der Illustrierten Kronen Zeitung vom 7. März 1940

Titelseite des Karlsruher Tagblatt mit Carl Bosch und Friedrich Bergius. „Chemie-Nobelpreis Bosch und Bergius - Deutschland führt.“

Quelle: Deutsches Zeitungsportal Karlsruher Tagblatt vom 13.11.1931, Seite 1.

In der ersten Ausbaustufe bietet das DDB-Zeitungsportal die Möglichkeit einer exemplar- und titelübergreifenden Volltextsuche in den digitalisierten Zeitungsbeständen, verbunden mit Einstiegspunkten über Kalender, Ort und Zeitungstitel. Fundstellen können über die in die Portalumgebung integrierte Anzeigekomponente (Viewer) betrachtet und gelesen werden und es besteht die Möglichkeit, auf die enthaltenen Zeitungsausgaben dauerhaft zu verweisen und sie somit zitierfähig zu machen.

Das Portal ANNO (AustriaN Newspapers Online) ging bereits 2003 online, damals noch mit gerade einmal 15 Journalen. Mit Stand Februar 2015 waren es bereits 636 Zeitungen und Zeitschriften mit mehr als einer Million Ausgaben, seither wird der Bestand laufend erweitert. Anno bietet ähnliche Funktionalitäten wie eben für das DDB-Zeitungsportal beschrieben. Zusätzlich angeboten wird hier ein nach Themen (Arbeiter, Film, Gastgewerbe...) sortierter Katalog.

Während sich das DDB-Zeitungsportal im engeren Sinne auf lokale, regionale und überregionale Tageszeitungen fokussiert, ist ANNO sehr viel breiter aufgestellt. Hier findet das „Blatt der Hausfrau“ ebenso Berücksichtigung, wie die „Glühlichter“, eine Humorzeitschrift, die in den Jahren 1889 bis 1914 erschien. Verschiedene Titel, die sich mit Fragen des Friseurhandwerks befassen, finden sich ebenso im Bestand, wie Schachzeitschriften, diverse Kur- und Badezeitungen und Titel, die sich mit Reisethemen beschäftigten. Dabei liegt der Fokus insgesamt zwar auf österreichischen Journalen, es finden aber auch Zeitungen aus Deutschland und der Schweiz sowie aus weiteren Ländern Berücksichtigung.

GEPRIS Historisch ist ein Informationssystem, das über sogenannte „Persistent Identifier“ (PID) für Personen eindeutige Querbezüge zu mehr als 200 anderen Informationsressourcen im WordWideWeb ermöglicht (vgl. Themenseite Die Datenquellen von GEPRIS Historisch). Werden also etwa beim Portal „Deutsche Biographie“ zu einer Person „Otto Hahn“ spezifische Informationen angeboten, kann man sicher davon ausgehen, dass sich die verlinkte Quelle tatsächlich auf den von der DFG geförderten Chemiker und Nobelpreisträger bezieht.

Dieser große Vorteil der eindeutigen Referenzierbarkeit ist bei der Namensrecherche in den beiden Zeitungsportalen nicht gegeben und wäre wohl auch perspektivisch nur sehr schwer (und mit übergroßem Aufwand) umsetzbar. Hier sind es also tatsächlich reine Namenstreffer, die für DFG-Geförderte im Informationssystem angezeigt werden. Ob und wenn ja welche Zeitungsbeiträge tatsächlich den oder die Gesuchte(n) meinen, ist individuell zu prüfen. So finden sich im Deutschen Zeitungsportal immerhin 787 Artikel (Anno: 865 Treffer), in denen der Name „Otto Hahn“ Erwähnung findet. Direkt der erste Treffer im Pforzheimer Anzeiger vom 7. Juli 1943 ist mit „Der Atomforscher Otto Hahn“ überschrieben. Schon im zweiten Beitrag geht es um einen „Arbeiter Otto Hahn“, der in einen Kriminalfall verwickelt war, in derselben Zeitung erscheint ein paar Jahre zuvor eine Handelsregister-Notiz, in der eine in Nauen eingetragene Firma des Kaufmanns Otto Hahn Erwähnung findet.

Für die Recherche wurde ganz überwiegend im Format „Vorname Nachname“ gesucht, zusätzlich eingegrenzt auf Artikel, die nach dem Geburtsjahr des Gesuchten erschienen sind. Was so unentdeckt bleibt, sind Beiträge, die – um im Beispiel zu bleiben – auf „Professor Hahn“, „O. Hahn“ oder verschiedene andere Varianten verweisen. Die Verlinkung von den einzelnen Personenseiten von GEPRIS Historisch versteht sich so nicht als Angebot einer möglichst vollständigen (und ausschließlichen) Referenzierung auf einschlägige Zeitungsartikel, sondern eher als Einladung zum selbständigen Stöbern in diesen beiden sehr materialreichen Portalen. Insgesamt wurden in beiden Nachweissystemen Namenstreffer zu jeweils über 8.000 Personen gefunden – wobei nur solche Personen Eingang in die Recherche gefunden haben, für die ein (ausgeschriebener) Vor- und Nachname vorlag.

Volksnahe Vermittlung von Forschungsbefunden

„Science to the public“ – in den 20er und 30er Jahren hieß dies auch, gezielt die Arbeiterschaft adressierende Zeitungen zu nutzen, um auf allgemeinverständliche und manchmal auch humorvoll unterhaltsame Weise Forschungsergebnisse zu präsentieren. Im Juli 1929 findet sich in der in Wien erscheinenden Arbeiterzeitung ein Artikel „Ameisen als Hirten – Sie halten sich Blattlausherden“, ein etwa einspaltiger Beitrag, der über neueste Forschungsarbeiten des Münchner Zoologen Hermann Eidmann berichtete. Eidmann gilt für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts als einer der führenden deutschen Experten für Insektenkunde. Um dem Thema die passende dramatische Würze zu geben, führt der Artikel etwa aus, dass Eidmann „nach achttägiger ununterbrochener Beobachtung“ festgestellt habe, „daß der Blattlauswächter bei einer bestimmten Blattlaus immer derselbe ist. [...] Fremde Ameisen greift der Wächter sofort an und möglicherweise beißt er sie tot. Um den Besitz der Blattlausherden und ihre Weidegründe führen verschiedene Ameisenarten oft erbitterte Kämpfe“ (Arbeiterzeitung, 19. Juli 1929).

Ebenfalls mit Bezug zur Tierwelt, diesmal verfasst durch den Forschenden selbst, erscheint im selben Journal am 23. Juli 1930 ein Artikel über den Graureiher. Der Autor Alfred Hilprecht, damals hauptberuflich beim Presseamt der Stadt Magdeburg tätig, verfügte über einen Volksschulabschluss und eine anschließende Ausbildung als Kaufmann. Sein ornithologisches Wissen erwarb er sich als Autodidakt. Nach dem Krieg war er einer der Gründungsväter des Magdeburger Zoologischen Gartens. In dem Artikel macht Hilprecht auf die dramatischen Folgen menschlichen Handelns für den Bestand der Gattung aufmerksam: Der Graureiher sei „eine seltene Erscheinung geworden. Seine Kolonien, die vor Jahrhunderten bis zu tausend Horste zählten, sind zum großen Teil verlassen. Der Mensch hat den stolzen Vogel verfolgt, hat ihn von seinem festen Nest heruntergeschossen und damit die Jungen dem Hungertod preisgegeben“. Weiter schildert der Artikel recht dramatisch, welche Anstrengungen Hilprecht und sein Team unternehmen mussten, um von einem Nest in 30 Meter Höhe (auf einem trockenen abgestorbenen Holz) Fotografien des dort gehegten Nachwuchses zu machen. Dass das den Tieren gar nicht recht war, illustriert der Autor deutlich: „Den Jungreihern schien unser Besuch nicht sonderlich angenehm. Nicht allein, daß sie uns ein halbes Dutzend Fische auf den Kopf spuckten, sie zeigten sich auch nach der anderen Seite hin äußerst unanständig“.

Zu dem deutschen Biologen, Zoologen und Ethnographen Anton Lunkenbein finden sich im WordWideWeb nur wenige Spuren. Bei der DFG ist er mit einem wenig spezifischen Projekt „Zoologische und ethnographische Studien“ 1926 mit einer Reisebeihilfe verzeichnet, im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek sind immerhin vier Monographien des Autors dokumentiert. Die Titel lassen ahnen, dass sich der Autor weniger einer streng-sachlichen Wissenschaftskultur verpflichtet sah, als vielmehr einer (den Verkaufszahlen förderlichen) Populär-Literatur: „Im Kampf mit Wilden und wilden Tieren“, „Der Schlangengreifer von Süd-West“ oder „In der Wüste der Diamanten“ versprechen Spannung. In einer einleitenden biographischen Notiz des ersten Werkes, das via DNB online zugänglich ist, führt er aus, dass er in Afrika („Deutsch-Südwest“) als Verwaltungsbeamter sowie als Sammler für Deutsche Museen tätig gewesen sei und jetzt - im Erscheinungsjahr des Buches, also 1937 - als freier Schriftsteller seinen Lebensunterhalt verdiene (vgl. Lunkenbein 1937: 2). Als solcher publiziert er im Neuen Wiener Tagblatt vom 21. März 1936 einen sehr spannungsgeladenen Artikel „Operation im Busch. Im Kampfe mit Viehräubern“. Am 7. März 1940 verweist die Illustrierte Kronenzeitung auf einen Beitrag in der Wochen-Rundschau, in der Lunkenbein „von seinen gefährlichen Erlebnissen mit Giftschlangen“ berichtet. Die Reisebeihilfe wurde übrigens abgelehnt – vielleicht fehlte es tatsächlich an wissenschaftlicher Substanz?

Die Rekonstruktion des Babylonischen Turms durch Eckhard Unger .

Quelle: Deutsches Zeitungsportal, Rhein- und Ruhrzeitung vom 2.12.1930, Seite 16.

Deutlich seriöser erscheint da der nebenstehend verlinkte Artikel, der mit seinem Titel „Der wiedererstandene Turm zu Babel“ gleichwohl viel verspricht. Immerhin gelingt es so, auch die Beschäftigten der westdeutschen Binnenschiffahrt – laut Titel eine der Hauptzielgruppen der Rhein- und Ruhrzeitung – für Befunde zu interessieren, die von der DFG unter dem eher nüchternen Titel „Studien zur vorasiatisch-assyriologischen Archäologie“ zwischen 1923 und 1930 mit mehreren Reisebeihilfen, Druckzuschüssen, Sachbeihilfen und einem mehrjährigen Stipendium gefördert wurden.

Das junge Medium Radio

Eine wahre Fundgrube für Beiträge zum „public understanding of science“ bilden in der Tagespresse erfolgende Hinweise auf Radiosendungen sowie im Speziellen die von dem österreichischen Zeitungsportal Anno erschlossenen Radio-Programmhefte. Das Medium war seinerzeit noch sehr jung – 2023 feierte es seinen hundertsten Geburtstag. Auf die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jener Zeit übte es offensichtlich den besonderen Reiz aus, seine Möglichkeiten für die öffentliche Kommunikation der eigenen Forschungsaktivitäten zu erproben. Der Zeitschrift „Radio Wien“ etwa lässt sich entnehmen, dass neben vielen Musiksendungen, Sendungen für die Landbevölkerung („Stunde der Landwirtschaft“), Sprachkursen (etwa ein Esperanto-Kurs von Walter Smital) oder zu kindgerechter Zeit platzierter Märchensendungen („Märchen für Groß und Klein“) auch die Rubrik „Vorträge“ eine wichtige Rolle spielte.

Der Deutschlandsender überträgt im Juli 1935 eine Sendung „Insektenschädlinge an Textilwaren und Holz“ von Georg Kunike, der in den 20er und 30er Jahren von der DFG zunächst mit einem (dreijährigen) Stipendium und später mit einer Sachbeihilfe für Arbeiten über verschiedene Schädlinge unterstützt wurde. Im Radio Leipzig ist im August 1937 von dem Zoologen Wolf Herre ein Beitrag „Vom Wildtier zum Haustier“ angekündigt. Der an der Universität Halle tätige Zoologe wurde in den 30er und 40er Jahren mit mehreren einschlägigen Projekten von der DFG gefördert. In der Rubrik „Landwirtschaftsfunk“ dozierte im Juli 1933 wiederum im Sender Leipzig Priv.-Doz. Dr. Wilhelm Nicolaisen aus Halle an der Saale über das Thema „Auf dem Wege der Selbsversorgung durch den Rapsanbau“. Der Agrarwissenschaftler warb in den 30er und 40er Jahren mehrere Projekte bei der DFG ein.

Hier und da erstaunt der aktuelle Bezug, etwa wenn der am Preußischen Institut für Infektionskrankheiten (aus dem u.a. das heutige Robert Koch Institut (RKI) hervorgegangen ist) in Berlin tätige und von der DFG umfassend geförderte Bakteriologe Heinrich Alexander Gins mit einer Sendung "Impfzwang. Ein medizinisches Gespräch über das Für und Wider" beworben wird (Radio Wien, 27. Januar 1933). Ebenfalls aktuell, wenn auch heute kaum mehr nur ein „Frauenthema“: „Frauenfunk: Wir berechnen die elektrischen Stromkosten im Haushalt. Gespräch zwischen Hausfrau und Techniker, verfaßt von Hans Beggerow, Dresden.“

Das Medium Radio wurde aber umfassend auch für vermutlich weniger leicht konsumierbare Themen genutzt. In der Reihe „Natur und Geist“ des Westdeutschen Rundfunks wird der auf dem Gebiet der physikalischen Chemie forschende Hochschullehrer Robert Wintgen mit einem Beitrag „Die Atome und ihre Bausteine“ angekündigt (Radio Wien, 27. Januar 1933). Im Schlesischen Rundfunk doziert der seinerzeit in Breslau tätige Physiker Walter Steubing über „Massenstrahlen und Atomgewichte“ (Radio Wien, 13. Januar 1933).

Auch aus dem Bereich der Geisteswissenschaft gab es anspruchsvolle Beiträge, beispielsweise durch den österreichischen Germanisten Eduard Castle (dessen Druckbeihilfe die DFG allerdings 1927 abgelehnt hat). Von ihm sind bei Radio Wien eine Vielzahl von Beiträgen verzeichnet, eine Sendung wie „Pfingsten. Eine kulturhistorische Plauderei“, die in dem Journal im Mai 1927 ausführlich besprochen wird, könnte heute vermutlich durchaus als Podcast auf Interesse stoßen. Auch die österreichische Anglistin und Theaterwissenschaftlerin Helene Richter nutzt das Medium regelmäßig. So dokumentiert das Journal in einem Beitrag vom 20. August 1926 einen Kommentar zur Aufführung von „Die Mitschuldigen“ von Goethe. Dieselbe Ausgabe geht auch ausführlich auf einen Radiobeitrag Richters unter dem Titel „Robert Burns und Walter Scott“ ein. Am 8. Dezember 1933 verweist „Radio Wien“ auf einen Vortrag „Das Übernatürliche bei Shakespeare“ und am 13. April 1934 präsentiert die Wissenschaftlerin Forschungsbefunde zum Thema „Damenlektüre vor 600 Jahren“.

Nach dem sogenannten Anschluss von Österreich 1938 entzog man Helene Richter aufgrund ihres jüdischen Glaubens die Lehrerlaubnis, 1942 wurde sie ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und starb dort im selben Jahr.

Angebote für "gebildete Kreise"

Während in den einleitend vorgestellten Beispielen eher der Unterhaltungsaspekt dominiert, finden sich auch eine Vielzahl an Beiträgen, die in sehr ernsthafter Form über neue Erkenntnisse der Forschung an Hochschulen berichten. Im „Vorwärts“ vom 22. Juli 1932 berichtet etwa die Autorin Margot Epstein ausführlich über neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Elektro-Akustik. Vorgestellt werden dabei von Oskar Vierling neu entwickelte Musikinstrumente, basierend auf einer bereits patentierten Erfindung, welche die „Tonelektrifizierung zum Zwecke der Klangveredelung und Klangverbesserung“ zum Ziel habe. Epstein erläutert, dass das von Vierling entwickelte elektrische Klavier ohne Resonanzboden auskomme, der direkte Ton werde dadurch unhörbar. Und weiter: „Die Schwingungen der Saiten fangen Magneten auf und verwandeln sie in elektrische Schwingungen. Diese 'elektrisierte' Musik wird – immer noch ohne hörbar geworden zu sein - in ein nach seinen Forschungen konstruiertes „Tonwandlungslaboratorium" geleitet, in dem elektrische Spulen und Kondensatoren auf den Klang einwirken, bevor er dann schließlich aus dem Lautsprecher erklingt“. Das Hörerlebnis beschreibt die Autorin am Beispiel einer Probevorführung in einem Kino, bei der „alle Anwesenden durch die erstaunliche Verbesserung des Klanges geradezu verblüfft“ gewesen seien.

Im Dritten Reich entwickelte Vierling die sog. Grosstonorgel, finanziert durch den nationalsozialistischen Kulturverein "Kraft durch Freude". Die Orgel war ein Einzelstück, das speziell für die musikalische Untermalung der Olympischen Spiele 1936 entwickelt wurde. Ein Jahr später kam das Instrument auch auf dem Reichsparteitag der Nationalsozialistischen Partei in Nürnberg zum Einsatz (Crab o.J.). Am Heinrich-Hertz-Institut für Schwingungsforschung, heute ein Institut der Fraunhofer-Gesellschaft, war Vierling Doktorvater des mit einem DFG-Stipendium unterstützten Fritz Sennheiser, der nach dem Krieg die gleichnamige Firma für Studio- und Übertragungstechnik gründete.

Häufig erfolgte die inhaltliche Auseinandersetzung mit Forschungsfragen im Rahmen eines Portraits insbesondere solcher (in der Regel männlicher) Wissenschaftler, die sich schon einen Namen gemacht hatten. Unter der Überschrift „Prof. Dr. Adolf Butenandt“ wird in den Straßburger Neuesten Nachrichten (vom 13. August 1943) der Genannte etwa mit der Zweitüberschrift „Ein Meister der organischen Chemie“ geehrt. Im Artikel selbst wird dann auf leicht verständliche Weise eine frühe Entdeckung Butenandts (das sog. Androsteron, 1931) beschrieben und seine Berufung als Direktor an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie in Berlin (1937), das „für seine besonderen Arbeitsziele in großzügiger Weise ausgebaut“ worden sei, hervorgehoben.

Zu Werner Heisenberg, dem Physiker und Nobelpreisträger, finden sich bei Anno 97 Treffer. In der Rubrik „Kulturbericht“ des Neuen Wiener Tagesblattes vom 18. Juli 1941 etwa die halbseitige Zusammenfassung eines Vortrags, den Heisenberg in der Gesellschaft für kulturelle Zusammenarbeit unter dem Titel „Die Goethesche und die Newtonsche Farbenlehre im Licht der modernen Physik“ gehalten hatte. Eine Reihe von Beiträgen in verschiedenen Zeitungen vermeldet 1933 die Ehrung mit dem Nobelpreis für Physik.

Sehr verbreitet waren in jenen Jahren Gratulationen zu runden Geburtstagen renommierter Wissenschaftler sowie insbesondere Nachrufe. Das Format reichte von kurzen Notizen, bis hin zu bald ganzseitigen, oft „hymnisch“ das Heldenhafte des Geehrten und die Monumentalität des (bisherigen) Lebenswerks betonenden Respektbekundungen. Ein Beispiel bietet hier David Hilbert, der noch heute als einer der bedeutendsten Mathematiker der Neuzeit gilt.

Im Jahr 1932 nimmt der Vorwärts seinen 70ten Geburtstag zum Anlass, den mathematischen Denker zu ehren. Nach einführenden Worten zu einer der Hauptleistungen Hilberts, die Entwicklung der „axiomatischen Methode“, betont der Beitrag die fachübergreifende Bedeutung seines Werkes: „Durch die Einsichten des großen Mathematikers werden (also) die tiefsten Fragen der Philosophie ebenso gefördert wie die Interessen der exakten Naturwissenschaften“. Im Januar 1942, anlässlich seines 80ten Geburtstags, veröffentlicht die Kölnische Zeitung einen über zwei Seiten reichenden Beitrag, der Hilbert als „Altmeister der mathematischen Grundlagenforschung“ feiert. Schon die Einleitung setzt den für die Zeit typischen Rahmen: „Große Denker erhöhen die Nation, der sie angehören. Darum halte man sie so hoch, daß man ihnen nichts schuldig bleibt; denn es ist sinnvoll und angemessen zu sagen, daß die Erhöhung, die wir ihnen verdanken, durch nichts in der Welt zu ersetzen ist“. Sein Tod im Februar 1943 war Anlass für eine Vielzahl von Nachrufen, die Hilbert etwa als „zweiten Euklid“ (Westfälische Tageszeitung), oder einen „der größten mathematischen Gelehrten des Abendlandes“ (Kölnische Zeitung, März 1943) feierten. Und der Bochumer Anzeiger (Februar 1943) hält fest: „Die kühnen Gedanken Hilberts gehören ohne Zweifel zu den größten Leistungen, die je theoretischer Verstand in der Gegenwart hervorgebracht hat“.

Oskar von Miller (mit Henry Ford) vor dem Dieselmotor im Deutschen Museum in München am 26.9.1930

Quelle: Deutsches Museum, München, Archiv, CD63495

Ein herausragendes Beispiel der Ehrbekundung zeigt sich an Oskar von Miller, ein sehr forschungsaktiver Elektrotechniker und Bauingenieur, der sich vor allem als Gründer des Deutschen Museums in München einen Namen gemacht hat. Im deutschen Zeitungsarchiv finden sich zur Person über 700 Treffer, im Zeitungsportal der Österreichischen Nationalbibliothek sind es mehr als 500. Häufig wird von Miller in Verbindung mit dem Deutschen Museum erwähnt, das in einem Beitrag in der Berliner Börsen Zeitung vom Oktober 1929 ganz unbescheiden als „Achtes Weltwunder“ gefeiert wird. Eine Vielzahl der Beiträge nimmt verschiedene runde Geburtstage von Miller zum Anlass, sein Wesen und Werk zu feiern. Heute kaum noch vorstellbar erscheinen die Aktivitäten anlässlich seines Todes 1934 - mit beinahe 80 Jahren. Von Riesa über Köln, von Sinsheim bis Dortmund, praktisch überall wurde fast schon im Ton einer Heldensage „Ein Mann der Tat und sein Werk!“ (Kölnische Zeitung vom 25. April 1934) gehuldigt und einem Wissenschaftler Respekt gezollt, dessen „Weltgeltung, Erfindergeist und Leidenschaft, wie sie selten dem Lebenswerk eines Menschen beschieden sind“ (Riesaer Tageblatt und Anzeiger, 11. April 1934). Dass seine Gebeine ins Deutsche Museum gebracht und dort zwei Tage öffentlich aufgebahrt wurde, war nicht nur dem Landboten – Anzeiger für den Amtsbezirk Sinsheim und Umgebung (ebenfalls 11. April 1934) eine Nachricht wert („eine große Menschenmenge entbot vor dem Sterbehause dem Meister in ergriffenem Schweigen den Abschiedsgruß“); Aufmerksamkeit versprach ebenso die Nachricht, dass Paul von Hindenburg, also der Reichspräsident, persönlich dem Sohn des Verstorbenen ein Beileidstelegramm habe zukommen lassen – den Worlaut geben verschiedene Zeitung im Original wieder (etwa die Dortmunder Zeitung vom 11. April 1934).

Der besondere Blick auf Frauen in der Wissenschaft

Wissenschaftlerinnen, das deutet sich bei der Durchsicht der wenigen Artikel an, die in der damaligen Tagespresse erschienen, waren entweder „unsichtbar“, oder aber – in wenigen Einzelfällen - Objekt ganz besonderer Aufmerksamkeit. Indiz für ersteres ist der statistische Befund, dass zwar für etwa 65 Prozent aller Namenssuchen zu Männern wenigstens ein Treffer in den beiden Portalen gelang, aber nur für 37 Prozent aller Frauen (die Zahlen markieren nur eine Größenordnung, da nur Namens- und nicht Personentreffer gezählt wurden). Wenn Wissenschaftlerinnen in der Presse Erwähnung fanden, dann vor allem deshalb, weil sie aufgrund ihrer Seltenheit ein gewisses „Sensationspotential“ aufwiesen, oder weil sie selbst aktiv Öffentlichkeitsarbeit betrieben.

Ab den 10er Jahren finden sich vermehrt Notizen à la „sie ist die erste, die...“ – etwa zu „Fräulein Dr. Melitta Gerhard“, die in der Berliner Börsenzeitung vom 26. Oktober 1927 als „erste Privatdozentin für neuere deutsche Literaturgeschichte an einer reichsdeutschen Universität“ (in Kiel) Erwähnung findet. 1932 berichtet die Badische Presse: „Zum ersten Mal seit seinem Bestehen wurde der große Haitinger-Preis für Physik an Frauen verliehen, und zwar an Dr. Berta Karlik und Dr. Elisabeth Rona, beide am Radiuminstitut in Wien tätig“ (siehe Themenseite „Frauen als Antragstellende“).

Im Falle von Lydia Kempners Ernennung zur Professorin ist es dem Jeverschen Wochenblatt im Februar 1912 erwähnenswert, dass es sich um die „Gattin des praktischen Arztes Walter Kempner“ handelt, ähnlich im Falle des Berichts im Karlsruher Tagblatt (Frauenbeilage) (19.12.1928) zur Habilitation im Fach Neue Geschichte von Hedwig Hintze „Schülerin und Gattin von Geheimrat Prof. Dr. Otto Hintze, dem bekannten preußischen Historiker“.

Besondere Aufmerksamkeit wurde schließlich vor allem Frauen zuteil, die selbst gezielt das Licht der Öffentlichkeit suchten. Ein prominentes Beispiel gibt die Archäologin Margarete Bieber. Dass diese 1907 an der Bonner philosophischen Fakultät promovierte, war mehreren Zeitungen eine Nachricht wert. Im Berliner Tageblatt etwa im Beiblatt „Frauen-Rundschau“, in der Kölnischen Zeitung vom 25.06.1907 verbunden mit dem Hinweis „Es ist das zweite Mal, daß Bonn einer Dame den Doktorhut gibt“.

Ihre nachfolgende Karriere fand aufmerksame Beobachtung. 1909 vermeldet das Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, dass Fräulein Dr. Margarete Bieber am kaiserlichen Archäologischen Institut (zu Berlin) zur Stipendiatin in der Abteilung für klassische Archäologie gewählt worden sei. Im Juli 1923 vermeldet dann die Deutsche allgemeine Zeitung (DAZ) eine kleine Sensation, illustriert mit einer Portraitaufnahme: „Ein weiblicher Universitätsprofessor. Die Privatdozentin für klassische Archäologie der Universität Gießen, Frl. Dr. Margarete Bieber ist zum außerordentlichen Professor ernannt worden. Frl. Bieber veröffentlichte eine Reihe von Arbeiten, besonders über griechische Kunstgeschichte, griechische Kleidung und antikes Theater. Sie studierte in Berlin und Bonn“. In der Wiener Freien Neuen Presse (Rubrik „Frauenzeitung“) konnte sie dann auch sehr ausführlich selbst zu diesem Ereignis Stellung beziehen. Im „Wie ich Universitätsprofessor wurde“ überschriebenen mehrseitigen Artikel schildert sie ausführlich und humorvoll ihren Werdegang.

Bieber hat auch später immer wieder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Zeitungsartikel zu ihrer Arbeit zu veröffentlichen. 1929 berichtet sie in der Kölnischen Zeitung über eine Exkursion Gießener Studentinnen und Studenten nach Köln und Bonn, um dort „die Reste der Römerzeit“ zu erkunden. 1930 nimmt sie im Karlsruher Tagblatt (siehe links) auch zu einer politischen Frage Stellung, indem sie in einer kurzen Notiz den Anteil der Frauen, die in Parteien an der Delegiertenwahl für den Reichstag beteiligt waren, ins Verhältnis zum schließlich gewählten Delegiertinnenanteil stellt. Der stark ernüchternde Befund sehr geringer Frauenanteile unter den Gewählten mündet in einer freundlichen Warnung: „Ich denke, dieses Ergebnis muß die Frauen nachdenklich stimmen und sollte vielleicht bei zukünftigen Wahlen besonders die bürgerlichen Parteien veranlassen, mehr Frauen auf ihre Listen zu setzen, damit diese nicht den Männerparteien untreu werden und sich zu einer großen Gruppe zusammenschließen“.

Bald danach wird die Karriere von Margarete Bieber schlagartig unterbrochen: Mit der „Machtergreifung“ der im Artikel besonders geschassten, ob ihres Nullfrauen-Anteils ihr „grotesk“ anmutenden Partei NSDAP und dem 1933 erlassenen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurde sie, wie die Kölnische Zeitung in einer kurzen Notiz im selben Jahr festhielt, aus dem hessischen Staatsdienst „mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres beurlaubt“. Bieber wanderte in die USA aus und war dort noch bis ins hohe Alter forschungsaktiv.

Agnes Bluhm

ca. 1925

Quelle: META - Frauenbewegungsgeschichten, Kalenderblatt aus Frauenschaffen und Frauenleben, 18.11.1928.

Ebenfalls über Jahre gut nachzeichnen lässt sich die Karriere der Medizinerin und späteren Rassehygienikerin Agnes Bluhm. Bereits im Alter von 28 Jahren hält Bluhm Vorträge, die in der Tagespresse Erwähnung finden. Im Berliner Volksblatt vom 7. März 1890 erfährt man unter „Vermischtes“ von einer weit über die österreichische Hauptstadt Aufmerksamkeit erzielenden Präsentation. Bluhm erinnerte in ihrem Vortrag an die Anfänge des Frauenstudiums, als sich zum Wintersemester 1864/65 zum ersten Male in Zürich die Pforten der Hörsäle den weiblichen Studenten erschlossen. Heute seien an der medizinischen, juristischen und philosphischen Fakultät der dortigen Universität nicht weniger als 83 Studentinnen aus Deutschland, Österreich, Rußland und Amerika immatrikuliert. Der Artikel betont, dass sich die Studenten nur noch selten erlauben, weibliche Kollegen zu molestiren [für: Unbequemlichkeiten bereiten, behelligen, belästigen]. „Einerseits, bemerkte die Vortragende mit einem leisen Seufzer, seien die Schweizer von weit weniger chevaleresker Art gegenüber den Damen, als die Oesterreicher und Deutschen, andererseits beschäftige die Wissenschaft so mächtig und zwingend das ganze Fühlen und Denken – und gerade im anatomischen Präpariersaale – daß dieser Umstand allein jede Inkonvenienz verscheuche. [...] Rühmend hebt Fräulein Dr. Bluhm hervor, daß die Professoren, obwohl sie prinzipiell gegen das weibliche Studium eingenommen sind, bei Prüfungen die strengste Objektivität walten lassen“. Zum Ende des Artikels wird Bluhm mit einem ihre Mitstreiterinnen stärkenden Rat zitiert: „Wenn die Frauen als trauriges Produkt alter Erziehung eine gewisse Aengstlichkeit nach außen zeigen, so mögen sie den Spruch beherzigen: `Das ist der Weisheit letzter Schluß: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß.`“

Weibliche Ärzte in Deutschland u.A. mit Agnes Bluhm

Quelle: Deutsches Zeitungsportal, Bürger-Zeitung für Düsseldorf und Umgebung vom 24.4.1898.

Ein besonderes Fundstück findet sich in der Bürger-Zeitung für Düsseldorf und Umgebung vom 24. April 1898. Ein mehrseitiger Artikel verweist auf eine Abbildung einige Seiten zuvor mit dem Titel „Weibliche Ärzte in Deutschland“. Mit der heutigen Erwartung zurückblätternd, dort vermutlich eine Art Deutschlandkarte zu finden, die in statistischer Form Auskunft über die Zahl der Ärztinnen je Region gibt, ist man doch einigermaßen überrascht, auf eine ganzseitige Portrait-Galerie zu stoßen, die alle tatsächlich aktiven Ärztinnen – sieben an der Zahl (darunter Agnes Bluhm) – im Büstenformat vorstellt (siehe rechts).

In den Folgejahren kristallisiert sich auch ihre spätere wissenschaftliche Spezialisierung heraus, die sich zunächst auf allgemeine Fragen der Volksgesundheit (und hier besonders auf den schädigenden Einfluss übermäßigen Alkoholkonsums) und später auf solche der Eugenik fokussierte.

1932 gehört sie zu den wenigen Frauen, die in der Presse zu einem runden Geburtstag – ihrem 70ten – ausführlich portraitiert werden. In den Dresdner neuesten Nachrichten vom 12. Januar 1932 heißt es: „An ihrem Festtag nahmen medizinische Größen aus ganz Deutschland bei einer Feier im Harnack-Haus Gelegenheit, Agnes Bluhm Dank zu sagen für alles, was sie der medizinischen Forschung bis heute geleistet hat. Die Frauen aber dürfen stolz darauf sein, daß eine Frau auf dem für Deutschlands Forschung so wichtigem Gebiet der Eugenik Bahnbrechendes geleistet hat.“

Bluhms rassenhygienische Ansätze fanden Eingang in die Gesetzgebung im Nationalsozialismus, insbesondere in die rassenhygienischen Gesetze von 1937. Später widerrief sie einen Teil ihrer Thesen, fand damit aber kaum noch Gehör. Agnes Bluhm starb 1943.

Internationale Sichtbarkeit der deutschen Forschung

Die deutsche Wissenschaft lag nach dem Ersten Weltkrieg am Boden, international wieder an Sichtbarkeit zu gewinnen, stellte insbesondere in den 20er Jahren eine große Herausforderung dar. Wo dies gelang, war es häufig eine kleinere oder größere Zeitungsnotiz wert.

In manchen Artikeln werden die besonderen Herausforderungen der Nachkriegsjahre auch direkt adressiert. In einem im Berliner Tageblatt im September 1924 erschienen Beitrag „Buchkunst des Orients“, der sich den Arbeiten des Kunsthistorikers und Sammlers islamischer Kunst Friedrich Sarre widmet, heißt es einleitend: „Die Inflationszeit brachte eine Hochkonjunktur der Kunstliteratur. Seit der Marktstabilisierung ist sie aus naheliegenden Gründen zurückgegangen. Es fehlen die Käufer und es mangelt den Verlegern an flüssigem Kapital. Ähnliche Gründe hindern die Forscher, ihre Studienreisen aufzunehmen. Sie begannen in den letzten Jahren die Not in eine Tugend zu verwandeln und das in langen Vorkriegsjahren nach Deutschland gebrachte und in Deutschland gesammelte Material zu verarbeiten, zu ordnen und herauszugeben.“

In den 20er Jahren waren es daher auch häufig eher die kleinen Meldungen, die auf interessante internationale Aktivitäten deutscher Wissenschaftler aufmerksam machten. So führt etwa die hier wiedergegebene, imposant bebilderte Notiz in der Saale Zeitung im Juni 1926 aus, dass der Bergbauingenieur Ernst Kirst in Kabul, Afghanistan eine bergbautechnische Schule aufgebaut habe, „die nach deutschem Muster junge Afghanen für den bergtechnischen Betrieb vorbereiten soll“. Kirst war Professor an der TH Berlin, am Lehrstuhl für Bergbaukunde, bzw. am Bergmännischen Institut. 1938 bis 1945 bewilligte ihm die DFG mehrere Projekte.

Das oben beschriebene junge Medium Radio war nicht nur Kanal für allerlei Wissenswertes rund um die Wissenschaft, es wurde auch selbst erforscht. Jonathan Zenneck, ein deutscher Physiker und Miterfinder der Kathodenstrahlröhre, gelangte dabei zu Weltruhm, wie in der Berliner Börsenzeitung vom 6. Oktober 1928 anlässlich der Verleihung der „'Institut Medal of Honor for 1928' des Institute of Radio Engineers, New York“, stolz verkündet wird.

"Die deutschen Nobelpreis-Träger" mit Richard Zsigmondy, Gustav Hertz und James Franck.

Quelle: Deutsches Zeitungsportal, Westfälische Zeitung: Bielefelder Tageblatt, S.3, 15.11.1926.

Auch die Verleihung von Nobelpreisen (siehe Themenseite „Geförderte Nobelpreisträger“) im Jahr 1925 an Gustav Hertz, der „Neffe des berühmten Physikers Heinrich Hertz, der die Grundlagen für die drahtlose Technik schuf“ (Berliner Börsenzeitung) und James Franck (Physik) sowie an Richard Zsigmondy (Chemie), werden in vielen Artikeln als Zeichen der (wieder wachsenden) Anerkennung für die „deutsche“ Forschung in den 20er Jahren gesehen. Im Aachener Anzeiger kommentiert der Physiker Paul Kirchberger: „Es kann uns Deutsche mit aufrichtiger Genugtuung erfüllen, dass eine der wenigen unparteiischen Stellen, die es auf der Erde gibt, nämlich die die Nobelpreise verleihende schwedische Akademie, die hohe Bedeutung der deutschen Forschung immer wieder anerkennt“. Mit Beginn der NS-Herrschaft wurden sowohl Franck wie auch Hertz Opfer des NS-Vertreibung jüdischer Forscher.

Unmittelbar nach Ende des ersten Weltkriegs war es die Relativitätstheorie Albert Einsteins, die in der Forschung und bei der an Forschung interessierten Öffentlichkeit weltweit die Aufmerksamkeit auf diesen Ausnahme-Wissenschaftler lenkte. Einer britischen Expedition war es im Rahmen mehrerer Sonnenfinsternis-Ereignisse gelungen, Einsteins Thesen zu verifizieren und damit eine „Revolution in der Wissenschaft“ auszulösen. Die Berliner Illustrirte Zeitung erscheint am 14.12.1919 mit einem Titelfoto von Albert Einstein und dem Anreißer: „Eine neue Größe der Weltgeschichte: Albert Einstein, dessen Forschungen eine völlige Umwälzung unserer Naturbetrachtung bedeuten und den Erkenntnissen eines Kopernikus, Kepler und Newton gleichwertig sind.“ Wenige Zeit später stieg auch die deutsche Forschung in das Thema ein, vor allem die von der Astronomischen Gesellschaft Potsdam eingerichtete Sonnenfinsterniskommission war an mehreren DFG-geförderten Expeditionen beteiligt (Christmas Island, Java 1922, Mexiko 1923, Nordschweden 1927, Lappland 1927, Nordsumatra 1929). Gefördert wurden etwa Hans Oswald Rosenberg, Reinhard Süring, Hans Kienle, Franz Linke und Erwin Freundlich. Verschiedene Zeitungsartikel heben anlässlich einer deutsch-niederländischen Expedition hervor, dass die zur Aufzeichnung verwendeten Geräte durch von der Notgemeinschaft finanzierte Entwicklungen in den Zeiss-Werken (Jena) vorangebracht wurden (Berliner Börsenzeitung, 23.10.2025).

Große mediale Resonanz erlangten vor allem internationale Expeditionen sowie archäologische Grabungen. Neben der von oben bekannten Margarete Bieber fand etwa der in den 30er Jahren umfangreich durch die DFG geförderte Ethnologe Hans Findeisen in der regionalen und überregionalen Presse dieser Zeit vielfach Beachtung für verschiedene Ausstellungen, auf denen er Objekte präsentiert, die er auf seinen DFG-finanzierten Expeditionen in Lappland und auf der Krim gesammelt hat (hier und da markant umschrieben als „Findeisen-Expedition“).

Der Archäologe und Iranologe Ernst Herzfeld fotografiert vor den Reliefs von Persepolis

Quelle: Wikicommons.

1928 erscheinen gleich mehrere Artikel, die über die Ergebnisse einer Forschungsreise des Berliner Archäologen Ernst Herzfeld berichten. Dieser habe „mit Unterstützung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft [...] Ausgrabungen in Persien durchgeführt, die für die Geschichte der altorientalischen Reiche bedeutungsvolle Erkenntnisse gewonnen haben“ (Eibenstocker Tagblatt, 15.09.1928), die dann im Weiteren detailliert beschrieben werden. Herzfeld fand früh das Interesse der Presse, bereits 1911, wenige Jahre nach seiner Promotion, erscheint ein Zeitungsbericht (Hannoverscher Kurier, 21.6.1911) über Ausgrabungen in Gebiet von Euphrat und Tigris, die Herzfeld unter Leitung von Friedrich Sarre, „dem Schöpfer der islamischen Abteilung des Berliner Kaiser-Friedrich Museums“ in den Jahren 1907/08 durchführte und nun in einer Reihe „Forschungen zur islamischen Kunst“ veröffentlicht wurden. Bis in die frühen 30er Jahre finden sich mehrere Dutzend Artikel, die zum Teil recht detailliert über weitere Ausgrabungen berichten. 1935 kehrte Herzfeld Deutschland den Rücken zu, er war im selben Jahr in Folge der Rassengesetze aus dem Universitätsdienst entlassen worden. Herzfeld emigrierte nach London und übernahm auch einen Lehrauftrag am Institute of Fine Arts der New York University. 1947 erkrankte er schwer in Kairo und starb 1948 in Basel.

Im Mai 1937 berichtet der General-Anzeiger für das rheinisch-westfälische Industriegebiet und das westfälische Münsterland unter der Überschrift „Der schwirrende Schrecken“ über die Abenteuer des Geologen Reinhard Maack, „der mit Hilfe der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft eine 7-jährige Forschungsexpedition durch den unerschlossenen Westen des brasilianischen Staates Parana unternahm“. Der Artikel, eingeleitet mit der Selbstbeschreibung „Ich bin ein alter Weltenbummler“ lässt erkennen, dass Maack Forschungs- und Geschäftsinteressen recht ertragreich kombinierte – etwa, wenn er zu Beginn ausführt, wie er Eingeborene im Flussgebiet des Rio Tibagi nicht nur bei der Gold- und Diamantensuche beobachtete, sondern sich auch selbst erfolgreich daran beteiligte. Der weitere Forschungsweg führte Maack in den komplett unbesiedelten Urwald von Parana, wo er unter anderem vier wetterkundliche Stationen installierte, „die in meiner Abwesenheit von meiner Frau bedient wurden“. Notierenswert ist es dem General Anzeiger schließlich, dass Maack, um seine Forschungsarbeiten (neben Wetterkunde fand die Verbreitung tropischer Krankheiten seine Aufmerksamkeit) zu finanzieren und die Ernährungslage des Forschungsteams zu sichern, eine Schweinefarm mit 700-800 Tieren gründete und „daneben Kartoffeln, Mais, Reis, Mandioka und Obst“ anbaute.

Wie die Nationalsozialisten das Expeditionsgeschehen für sich zu nutzen wussten, illustrieren nachdrücklich die sogenannten „Tibet-Expeditionen“. Die DFG förderte den deutschen Zoologen und Tibetforscher Ernst Schäfer bei mehreren dieser Expeditionen sowie bei deren Aufarbeitung in publizierender Form. Schäfer war 1931, 1934/35 und 1938/39 in Tibet unterwegs, die beiden ersten Touren wurden von dem amerikanischen Millionär Brooke Dolan geleitet, die dritte leitete er selbst. Mittlerweile war Heinrich Himmler auf den jungen Forscher aufmerksam geworden und bot ihm die Finanzierung der dritten Expedition aus Mitteln der SS-Organisation „Ahnenerbe“ an. Dies ging allerdings mit einem politisch stark vereinnahmenden „Branding“ einher, wie der folgende Artikel in den Halleschen Nachrichten zeigt. Unter der Überschrift „Die Erfolge der SS-Tibetexpedition“ wird einleitend betont, dass das Team unter Führung von Ernst Schäfer fünf SS-Führer umfasste. Und natürlich war die Reise ein besonderer Erfolg – wenn vermutlich auch nicht im Sinne des Auftraggebers, dessen Tibet-Engagement dadurch geprägt war, dass er „in den tibetisch-buddhistischen Schriften Spuren einer 'arischen' Urreligion finden wollte“. Festgehalten wird aber immerhin: „Die erste deutsche SS-Tibetexpedition: Dr. Ernst Schäfer ist die erste deutsche Expedition überhaupt, die eine Einladung nach Lhasa erhalten hat, und die fünf Deutschen sind überhaupt die ersten Deutschen, die nach Innertibet gelangen konnten“.

Ein propagandistisches Feuerwerk entzündete sich in der zweiten Hälfte der 30er Jahre an der Nanga-Parbat-Expedition, die von der DFG in verschiedenen Projekten mitfinanziert wurde. Dabei standen unter der Regie der Nationalsozialisten weniger die vielfältigen wissenschaftlichen Befunde der Expedition im Vordergrund, als das sportliche und heldenhafte, ja „heldenhaft Deutsche“, das in die Erklimmung des im Himalaya gelegenen Gebirges (mit 8.125 m Höhe der neunthöchste Berg der Erde) hineingelesen wurde. Von 1932 bis 1939 wurden sechs Besteigungsversuche unternommen, alle scheiterten, mehrere Bergsteiger und Sherpas starben. In den Zeitungsportalen finden sich zum Stichwort „Nanga Parbat“ an die 4.000 Artikel (Dt. Zeitungsportal, Anno: etwa 2.000 Artikel), häufig mit Durchhalteparolen („der Nanga Parbat wird nicht aufgegeben“, Stuttgarter Neues Tagblatt vom 9.9.1938, „ungebeugt durch Schicksalsschläge“ (Banater Deutsche Zeitung, 14.2.1939), im Laufe der Zeit auch mit zunehmend kriegerischer Wortwahl („Kampf um den Nanga Parbat“, der Berg wird nicht „erklommen“, sondern „angegriffen“, oder „im Heldenkampf erobert“ etc.), aber auch immer wieder verbunden mit dem Eingeständnis, dass der Berg gewonnen habe („...wurde der Kampf abgebrochen. So ist der Nanga Parbat wiederum Sieger geblieben; mit den Waffen, deren Schärfe und Wirksamkeit sich so oft bewiesen haben, wehrt er seine Angreifer ab“), Westfälische Zeitung, 10.08.1938).

Auf sehr großen Zulauf stoßende Filmvorführungen zur Expedition werden mit dem dort dargestellten „unsagbar schweren Kampf mit den Eistitanen“ beworben, ein „hohes Lied von Mannschaftsgeist wird hier gesungen, ein Lied von wahren Sportsmännern, das unser ganzes Volk, vor allem aber unsere Jugend begeistern wird“ (Eibenstocker Tageblatt, 22.2.1936). Das Grußwort zu einer festlichen Aufführung eines Films zur 1937er Expedition – die Kopfzeile hält fest, dass diese „in Gegenwart des amerikanischen und des Vertreters der englischen Botschaft“ stattfand - lässt ahnen, mit welch stark propagandistischer Symbolik das Unterfangen seinerzeit aufgeladen war. Auszug: „...so wurde sie zum Protest gegen eine unheldische und müde Zeit, wurde sie ein Fanal des wiedererwachenden Tatenmutes unserer Nation, der nichts unmöglich gilt, so lange sie den Glauben an die eigene Kraft besitzt [...] Heute wird die Kühnheit und Beharrlichkeit der Himalaya-Kämpfe zum Sinnbild für die besten Eigenschaften unserer Rasse“ [...und schließlich sollen sie, die Bergsteiger der nun anstehenden 1938er Expedition wissen], „daß wir ihren Kampf verstehen, und daß wir das filmische Vermächtnis ihrer toten Freunde willig aufgenommen haben. Wir geben es dem ganzen Volke, vor allem seiner Jugend, weiter als eines der größten Heldenlieder unserer Zeit“ (Münsterischer Anzeiger, 20.06.1938).

Kuriosa und Trivia

Eine große Zahl an Nachweisen bezieht sich auf Annoncen – etwa Geburts- und Todesanzeigen, aber auch Hinweise auf Verlobungen und Vermählungen. So zeigen am 12.5.1907 im Berliner Tageblatt etwa Dr. med. Olga Brunstrein und Dr. med. Arthur Bornstein (letzterer ein DFG-geförderter Mediziner in Hamburg) ihre Verlobung an („Karten werden nicht versandt“). Beide sollten sich wenig später gemeinsam mit der Caissonkrankheit (Taucherkrankheit) beschäftigen, als sog. „Druckluftärzte“ wurden sie auf die Tunnelbaustelle des St. Pauli Elbtunnels berufen.

Geburtsanzeige von Carl Blankenburg

Quelle: Deutsches Zeitungsportal Hakenkreuzbanner: NS-Tageszeitung für Mannheim u. Nordbaden, S.12, 21.05.1940.

1940 verkünden der DFG-geförderte Chemiker Carl Blankenburg und seine Frau Meta (geb. Michel) per Anzeige im Hakenkreuzbanner, dass ihre Tochter Ursula „ein Schwesterchen bekommen“ habe.

Ein aus heutiger Sicht fast schon befremdliches Dokument eines recht eigenwilligen „Zeitgeistes“ stellt die Rubrik „Geburten“ im Salzburger Volksblatt dar. In der Ausgabe vom 27.6.1940 wird für Dr. Herbert Steyskal die Geburt eines Sohnes vermeldet. Was an der Meldung irritiert: Sie wird eingeleitet mit den Worten „In der Woche vom 16. bis 22. Juni sind im Stadtgebiet Salzburg geboren worden je ein Knabe dem...“ gefolgt von einer Liste „Je ein Mädchen dem...“. Das Besondere: Die Liste nennt nur Väter und deren Berufe! Von Müttern ist indirekt und somit anonym nur in der Schlußformel „ferner unehelich drei Knaben und drei Mädchen“ die Rede.

Mancher in GEPRIS Historisch verzeichneter Wissenschaftler machte schon als Kind „Schlagzeilen“, etwa der spätere Chemiker und Verfahrenstechniker Hellmut Frieser, der von der DFG in den 40er Jahren gefördert wurde und sich laut filmportal.de 1969 auch als Produzent und Regisseur eines Lehrfilms über photographische Prozesse einen Namen gemacht hat. In einem Artikel im Salzburger Volksblatt (11.2.1912) wird ausgeführt: „Unter Anführung des zehnjährigen Hellmut Frieser veranstaltete die Schuljugend von Franzental-Ulgersdorf zugunsten des Deutschen Schulvereins eine kleine Tombola, welche einen Reinertrag von 24 K ergab. An der Vorbereitung dieser Tombola arbeiteten die jungen Veranstalter wochenlang unermüdlich, indem sie die bei der Tombola zur Verlosung gebrachten Gegenstände (nette Handarbeiten, Nähkissen, Sägearbeiten mit Brandmalerei versehen u. dgl) in ihrer schulfreien Zeit mit größter Sorgfalt selbst anfertigten und damit eine wertvolle, zugleich ihrer Altersstufe angepasste nationale Arbeit leisteten. Das schöne Beispiel verdient volle Beachtung.“

Als Student demonstrierte der später mit acht bewilligten Anträgen verzeichnete Forstwissenschaftler Max Tuisko Lorey eine „schwimmsportliche Rekordleistung“, indem er „im Rhein die 60 Kilometer lange Strecke von Basel nach Breisach in 4 Stunden 17 Min.“ schwamm und damit „die auf dieser Strecke erzielte Bestzeit um eine halbe Stunde“ verbesserte (Voralberger Landeszeitung, 6.8.1927).

Weniger sportlich begabt war wohl der schon erwähnte weltreisende Geologe Reinhard Maack aus Herford, der beim „Wett-Turnfest der evangelischen Männer- und Jünglingsvereine von Minden-Ravensburg und Lippe“ im Jahr 1909 mit 16 Jahren (Bielefelder Generalanzeiger) mit 81 ½ erzielten Punkten einen der letzten Plätze erreichte. Seiner wissenschaftlichen Karriere schadete dies nicht, er entwickelte sich „vom Kataster-Lehrling beim Kreis Herford […] zum international hochdekorierten Wissenschaftler“.

Eine Nachrichtengattung, die es in Zeiten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wohl schwer hätte, stellen sog. „Cur-Listen“ dar. In diesen wurde für jedes Kurbad, das entsprechende Publikationen herausgab, detailliert aufgelistet, wer und wann und versehen mit welcher Funktion im Berufsleben sich damals die Ehre gab, für eine Zeitlang in einer Kureinrichtung zu verweilen. Solche Listen sind für die historische Forschung durchaus von Wert, informieren sie doch nicht zuletzt zu der Frage, wer jeweils mit wem gemeinsam einen solchen (meist längeren) Aufenthalt absolvierte und sich so, wie man heute sagt, prinzipiell „vernetzen“ konnte. Zu einem zweifellos sehr bekanntem Kurgast, Karl Marx, der aufgrund angegriffener Gesundheit häufig in Kurbädern zu Gast war, gibt es eine eigene Studie, die sich seinem 1877 absolvierten Aufenthalt in Bad Neuenahr und den dort geknüpften Kontakten widmet (Gemkow 1986).

Aufschlussreich sind diese Listen nicht zuletzt deshalb, weil sie oft nicht nur notieren, in welchen Hotels oder Pensionen die Kurgäste während ihres Aufenthaltes wohnen, sondern auch, in welcher Begleitung sie die Kur in Anspruch nahmen. Spannend wird es aber vor allem dort, wo die in Stichworten festgehaltenen Professionen erkennen lassen, welche „Kreise“ in diesen Kuranstalten zeitgleich verkehrten. Da finden sich dann Fabrikdirektoren neben Photographen-Gemahlinnen, Privatiers treffen auf Rittergutsbesitzer, Kapitäne kuren mit Staatsministern und Bankiers tauschen sich mit Rennstallbesitzern aus. Der besondere Status mancher Gäste macht sich im Einzelfall auch daran fest, dass die „Begleitung von Bediensteten“ notiert wird. Tatsächlich ist die Zusammensetzung der Kurgäste aber gar nicht so elitär, wie die Aufzählung eben vermuten lässt. Unter den Kurgästen finden sich auch Postverwalter und einfache Beamte, Buchhalter und Bäckermeister, Branntweinschänkerinnen und Theaterkassierer, Friseurinnen und Konditoren u.v.a.m.

Die Curliste Karlsberg verzeichnet am 17. Juli 1912 den Aufenthalt von Prof. Hans Meyer aus Leipzig. Am 2. April 1914 wird auf einen Aufenthalt des Universitätsprofessors August Fischer, ebenfalls aus Leipzig, verwiesen. Auch die in GEPRIS Historisch mit einem Druckzuschuss für ein Nachlasswerk ihres 1931 verstorbenen Mannes verzeichnete Martha Saran weilte laut Liste vom 9. Juni 1915 als sog. „Universitäts-Prof.-gattin“ im Karlsbader Kurbad. Die Ischler Badeliste verzeichnet am 11. August 1925 den Aufenthalt des an der Würzburger Universität tätigen Bakteriologen und Hygienikers „Prof. Karl B. Lehmann mit Frau“.

Die Tagespresse der damaligen Zeit ging auch immer wieder auf Rechtsstreitigkeiten ein. Der Philosoph Erich Adickes etwa hat einen solchen gegen seinen Standeskollegen Matthias Kappes angestrengt, der er, wie das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel im Februar 1905 berichtet, „in schärfster Weise des Plagiats“ beschuldigt habe, „indem er ihm vorwarf, in seinen Büchern große Stücke aus bekannten Lehrbüchern der Philosophie (Ueberweg) entnommen zu haben, ohne die Quellen zu zitieren“. Das Urteil fiel drakonisch aus: Der mit dem Fall befasste Minister entschied auf Dienstentlassung.

Im beschaulichen Städtchen Klosterneuburg in Niederösterreich kam es 1929/1930 offensichtlich zu einem heftigen Kampf zwischen zwei regionalen Zeitungen, der bereits etablierten „Neuen Klosternburger Zeitung“ und der 1929er Neugründung „Klosterneuburger Nachrichten“. Dass letztere schon 1930 wiedereingestellt werden musste, kommentierte der Redakteur Schmid-Oven der ersteren mit drastischen Worten: „Rascher als wir gehofft hatten, hat das Schicksal dem Erscheinen der ‚Klosterneuburger Nachrichten‘ ein Ende bereitet [...]. In ihrer Einstellungsanzeige unternahm ein anonymer Verleumder neuerlich einen aus der Luft gegriffenen Angriff gegen uns. Wir erklären den Verfasser der Notiz und seinen Zuträger für geistig minderwertig; denn solch blödsinnige Behauptungen, wie sie in den ‚Klosterneuburger Nachrichten‘ aufgestellt wurden, können einem normal arbeitenden Gehirne nicht entspringen“. Um dann den Angegriffen, der von der DFG Jahre später über drei Jahre mit einem Projekt zur Physiologie der Bergbauern gefördert werden sollte, auch persönlich zu beschimpfen: „Was Dr. Schuhecker von gewissen Dokumenten faselt, kann wohl auch nur derjenige ernst nehmen, der davon überzeugt ist und es glaubt, das dieser ehrenwerte Hochschulassistent und Arzt Dr. Karl Schuhecker, wohnhaft Klosterneuburg, Martinstraße, ein `heller Kopf‘ ist. Es wird sich noch die Gelegenheit bieten, auch ihm für die Verleumdung den gebührenden Maulklaps zu versetzen“ (Neue Klosternburger Zeitung, 15.1.1930).

Als Wissenschaftler kaum Spuren hinterlassen, auch biographische Daten waren bisher nicht zu finden, hat Hermann Müschen, der in GEPRIS Historisch mit einem 1934 abgelehnten Antrag zu Metall-Legierungen dokumentiert ist. Zu einer Person gleichen Namens am selben Ort – Duisburg – erscheint 1920 im Wiener Journal folgende bemerkenswerte Notiz auf der Seite „Wiener Briefmarken Courier“: „Fälschungen und Betrügereien – Unter diesem Titel berichtet der Universalanzeiger, Herr Eugene Klein in Philadelphia, der Markenprüfer der American Philatelic Society, teilt [...] mit, ein angesehenes Mitglied seines Vereins habe ihm berichtet, daß ein gewisser Hermann Müschen in Duisburg, Mülheimer Straße 135, ein Verfahren ausgedacht habe, durch das er – durch Übertragung von Aufdrucken oder Stempeln auf andere Marken – Druckfehler, Druckeigentümlichkeiten, Doppeldrucke usw. herstellen könne. Das bedeutet eine neue Form von Markenverfälschungen, vor der wir hiermit warnen. Müschen bietet sein Verfälschungsverfahren dem amerikanischen Sammler zur Verwertung in Amerika an“. Bemerkenswert ist diese Notiz nicht allein wegen des beschriebenen Umstands, sondern auch deshalb, weil hier eine Person mit Angabe seiner Wohnanschrift öffentlich zum „Kriminellen“ erklärt wird, ohne dass ersichtlich wäre, dass es zuvor zu einer Verurteilung oder auch nur zu einem Gerichtsverfahren gekommen sei.

Das nationalsozialistische Gesetz zum Berufsbeamtentum und die Folgen

Am 7. April 1933 wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erlassen. Das Gesetz diente maßgeblich dem Zweck, Angehörige des jüdischen Glaubens sowie dem Regime politisch Unliebsame aus dem Staatsdienst zu entfernen (siehe Themenseite „Vertriebene Antragstellende“). Das Rheinische Volksblatt widmet in seiner Ausgabe vom 14. April des Jahres dem Thema eine Spalte auf der Titelseite. Unter der Überschrift „Wiederherstellung des nationalen Berufsbeamtentums. Staatssekretär Pfundtner im Rundfunk“ zitiert der Artikel die aus Sicht des Staatssekretärs wichtigsten Ziele des verabschiedeten Gesetzes, eingeleitet mit den Worten: „Nur durch die rücksichtslose Säuberung der Beamtenschaft von den Nutznießern des marxistischen Umsturzes von 1918 sowie von allen artfremden Elementen könne wieder eine nationale Beamtenschaft geschaffen werden, die ihr höchstes Ziel in restloser, opfervoller Pflichterfüllung sehe“.

Anfangs gab es noch vereinzelte Ausnahmen von den Entlassungen, auf Betreiben Hindenburgs sollten etwa Juden im Rahmen des sog. „Frontkämpferprivilegs“ geschützt sein, die sich im Ersten Weltkrieg durch besondere Tapferkeit hervorgetan hatten. Davon profitieren können hätte etwa der Physiker James Frank. Wie das Karlsruher Tagblatt in seiner Ausgabe vom 23.4.1933 ausführt, habe dieser sich „1914 als Kriegsfreiwilliger gemeldet“ und „von Dezember 1914 bis Februar 1918 ununterbrochen an der Front“ gekämpft, wofür er „u. a. mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet“ wurde. Der Artikel führt dann aber unter der Überschrift „Amtsniederlegung eines Nobelpreisträgers“ weiter aus, dass Franck das Kultusministerium „um sofortige Entbindung von seinen Amtspflichten gebeten“ hat: „Der Gelehrte, der Jude ist, aber den Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger von 1914/1918 an der Front mitgemacht hat, begründete seinen Schritt mit einem Schreiben an den Rektor der Universität Göttingen, in dem er es ablehnt von den Vergünstigungen Gebrauch zu machen, dass Kriegsteilnehmer jüdischer Abstammung weiter in ihrer Stellung verbleiben können“ (vgl. auch Wolff 2007). Franck emigrierte nach Baltimore und wechselte später an die University of Chicago, wo er bis zu seiner Emeritierung 1947 tätig war.

Während in diesem Artikel die Umstände von Entlassungen klar benannt werden, finden sich weitere, die das Thema eher verschleiern. In der Badische Presse (22.1.1936) heißt es zurückhaltend „Zuruhegesetzt wurden: Der Professor der organischen Chemie Dr. Stefan Goldschmidt an der Technischen Hochschule Karlsruhe.“ Der Gießener Anzeiger (23.1.1936) schreibt unter der Rubrik Hochschulnachrichten „An der Universität Heidelberg sind auf Grund der Bestimmungen des Reichsbürgergesetzes die Professoren Dr. Helmut Hatzfeld, Extraordinarius für romanische Philologie, [...weitere Auflistung...] mit dem 31. Dezember v. J. in den Ruhestand getreten“.

Ganz im nationalsozialistischen Jargon gehalten ist wiederum der Artikel zu Ausbürgerungen im Badischen Beobachter (4.11.1934), der zu Vertreibungen aus politischen Gründen ausführt: „Von Reich und Volk geächtet - Der deutschen Staatsangehörigkeit verlustig/28 Volksschädlinge und Landesverräter […] weil sie durch ihr Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Volk und Reich verstößt, die deutschen Belange aufs schwerste geschädigt haben.“

Fast schon ketzerisch wirkt hingegen ein Beitrag in der Deutschen Freiheit (9.12.1933) unter der Überschrift „Abraham und Esau“: „Professor Abraham Esau, Ordinarius der Technischen Physik an der Universität Jena, ist auch für das Studienjahr 1933/34 zum Rektor der Hochschule ernannt worden. — Ein Mann mit solchem Namen in Deutschland! Wie intensiv muß die vorgesetzte Behörde seinen Stammbaum durchsucht haben, ehe sie sich entschloß, seine arische Abstammung zu bezeugen!“ . Um den Artikel einordnen zu können, muss man wissen: Die „Deutsche Freiheit – einzig unabhängige deutsche Tageszeitung“ (Saarbrücken, 1933-1935) war eine deutschsprachige sozialdemokratische Tageszeitung, „die vor allem der Aktivierung des Widerstandes gegen das nationalsozialistische Regime in den westlichen Grenzbereichen dienen sollte“ (Schneider 1977: 475). Mit der Eingliederung des Saarlands ins Deutsche Reich wurde das Erscheinen eingestellt, die für das Blatt Verantwortlichen wurden politisch verfolgt und konnten sich dem allenfalls durch Flucht entziehen.

Tatsächlich war es vor allem die in den Zeitungsportalen gut repräsentierte Exilpresse (sie bildet dort einen eigenen Sammelschwerpunkt), die auf die zum Teil verheerenden Folgen der Vertreibung einging. In der deutschsprachigen Pariser Tageszeitung (Untertitel: „quotidien Anti-Hitlerien“) wird im Juli 1936 von einer Unterschriftenaktion des deutsch-schweizer Juristen Arthur Baumgarten sowie 315 Schweizer Bürgern zur „Freilassung von Gefangenen und Aufhebung von Konzentrationslagern“ berichtet. Die Geschichte der Familie Hertz, welche in derselben Exilzeitung im März 1938 aufgegriffen wird, macht den Entzug der wirtschaftlichen Lebensgrundlage von einst auch in Deutschland angesehenen Forscherinnen und Forschern deutlich: „Elisabeth Hertz, die Witwe des berühmten deutschen Physikers Heinrich Hertz, der von 1857 bis 1894 lebte und Studien über die Natur der elektrischen Wellen machte — Studien, die für die Entwicklung des Rundfunks entscheidend werden sollten —, hat vom Papst eine Ehrengabe im Betrage von rund 35.000 Francs erhalten. Sie lebt seit zwei Jahren in Cambridge, wohin sie vor zwei Jahren aus Bonn gezogen war als eine ihrer Töchter, Dr. Mathilde Hertz, eine Biologin, eine Stellung an der Universität Cambridge erhalten hatte. Ein Schüler Hertz', der Schwede Professor Bjerknes, hatte dem Papst kürzlich ein Manuskript von Hertz überreicht, und die Familie Hertz, die in bescheidenen Verhältnissen lebt, nimmt an, dass die Ehrengabe des Papstes, der ein grosser Radiofreund ist, mit diesem Manuskript zusammenhängt.“ Die Vertreibung von Mathilde Hertz vom Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie ist auch insoweit von eigenem Interesse, da Max Planck, als Präsident der KWG mehrere Versuche unternahm, für sie eine Ausnahmeregelung geltend zu machen (vgl. Rürup 2012, S.221 - 224).

Ein im Dezember 1942 veröffentlichter Beitrag in „Aufbau“, einer wöchentlich in New York erscheinenden Exilzeitung, über den Literaturwissenschaftler Eugen Mittwoch, der sich im Pariser Exil für notleidende Juden eingesetzt hatte, beschreibt dessen Sorge um seine Mutter: „Er ist wie so häufig, Anfang November 1938 zur Beratung mit dem europäischen Zentralbüro des Joint in Paris gewesen und nur durch das Drängen seiner Freunde daran gehindert worden, in die Hölle von Berlin zurückzukehren. Es wurde ihm schwer, sich von seiner greisen Mutter, an der er mit zärtlichster Kindesliebe hing, zu trennen.“ Seine Mutter wurde später im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet.

In einem weiteren Artikel beschreibt das Magazin (2.4.1943) den Suizid des Romanisten Wilhelm Friedmann, der „in Verzweiflung Selbstmord begangen [hat] um nicht seinen Verfolgern in die Hände zu fallen“.

Bekenntnis deutscher Professoren zu Adolf Hitler

Das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat wurde am 11. November 1933 zur Feier der „nationalsozialistischen Revolution“ des Jahres auf einer Festveranstaltung in der Alberthalle in Leipzig als Gelöbnis deutscher Gelehrter – meist im Beamtenverhältnis – vorgetragen. Die Veranstaltung fand am Vortag der „Volksabstimmung“ über den bereits am 14. Oktober vollzogenen Austritt aus dem Völkerbund statt, dessen Bestimmungen als Deutschland diskriminierend wahrgenommen wurden.

Artikel "Kundgebung der deutschen Wissenschaft" zum "Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat", 1933

Quelle: Dresdner Neueste Nachrichten, 14.11.1933

Mehr als 950 Hochschulangehörige und Mitarbeiter*innen außeruniversitärer Forschungseinrichtungen machten kurz nach der Verabschiedung des Berufsbeamten-Gesetzes keinen Hehl daraus, dass sie das neue Regime aus tiefstem Herzen unterstützten – in manchen Fällen trotz, in vielen aber sicher auch dank der massiven Eingriffe, die das eben beschriebene Berufsbeamtengesetz für die Angehörigen des Lehrkörpers deutscher Universitäten mit sich brachte. Von den Personen, die das Bekenntnis unterzeichnet haben (in einigen Fällen wird die Authentizität der Unterschriften angezweifelt (Fischer 1991)), sind 781 Personen in Wikipedia namentlich dokumentiert und mit Personenportraits nachgewiesen.

Für 428 von diesen verzeichnet GEPRIS Historisch DFG-Antragsaktivitäten. In GEPRIS Historisch findet für diese Personen unter „weiterführende Informationen“ der Hinweis „Diese Person ist in dem am 11. November 1933 in Leipzig vorgetragenen "Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler" verzeichnet.“

Das Ereignis fand in der Tagespresse breiten Widerhall. Die Dresdner Neuesten Nachrichten (14.11.1933) halten zunächst fest, dass sich der Appell „An die Gebildeten der ganzen Welt“ (so der Untertitel) richte. Zitiert werden dann mehrere Honoratioren. Der Anthropologe und Rektor der Berliner Universität, Eugen Fischer etwa „führte aus, daß die deutsche Revolution, die in Gesittung, Ruhe und Ordnung durchgeführt worden sei, einen neuen Staat aufbaue, einen Staat aus Blut und Boden, aus der deutschen Volksverbundenheit heraus, fußend auf Volkstum, Rasse und Seele. Ein ganz Großer habe in das Rad der Geschichte gegriffen und das Steuer herumgerissen, um das deutsche Volkstum zu retten. Der Rektor der Universität Leipzig, Professor Dr. Golf, führte aus, niemals in der Welt habe der Führer eines großen Volkes aufrichtiger und ehrlicher den Willen bekundet, mit anderen Völkern in Frieden zu leben, als es Adolf Hitler getan habe. Lieber untergehen, als in Unehre und Schande zu leben, so denke er, und so dachten wir mit ihm“. Es folgen ähnlich euphorische Aussagen des Münchner Kunsthistorikers Wilhelm Pinder, des bekannten Berliner Mediziners Ferdinand Sauerbruch und des Hamburger Strafrechtlers und Rektors der dortigen Universität, Eberhard Schmidt.

Kriegswichtige Forschung

Ab dem Jahr 1943 verlieren die etablierten Förderinstrumente von DFG und Reichsforschungsrat zunehmend an Bedeutung und werden durch den sogenannten "Forschungsauftrag" ersetzt. Für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler war es oft wichtiger, einen solchen Auftrag an sich und nicht, bzw. nicht nur die damit meist verbundenen finanziellen Mittel zu erhalten, denn nur mit diesen war es möglich, Geräte und Material zu beschaffen oder die Freistellung von Mitarbeitenden vom Wehrdienst („Unabkömmlich -Stellung“) zu beantragen (Flachowsky 2012). Typische kriegswichtige Forschung fand in den Fachsparten Sprengstoffphysik, Strahlvortrieb, Marinegeographie statt, die Fachsparten Fettforschung, Faserstoff-Forschung, Mineralölforschung und Nahrungsmitteltechnik konzentrierten sich auf die Suche nach kriegswichtigen Ersatzstoffen.

1944 als kriegswichtig eingestuft, sind in GEPRIS Historisch etwa die beiden Forschungsaufträge des Geographen und Hochschullehrers Hans Dörries verzeichnet, mit den Themen „Erarbeitung einer Übersichtskarte zur wehrgeographischen Geländebeurteilung von Europa Maßstab 1:1 Million, Westeuropa, Teil Nord (Britische Inseln)“ sowie „Küstenmorphologische Untersuchungen über die Küsten Süd-Englands und Kartierung der Ergebnisse im Stile der MarGeo-Karten“. Drei Jahre zuvor wurde im Münsterischen Anzeiger sein Vortrag „Die britischen Inseln“ im Auditorium Maximum der Universität Münster rezipiert. Hervorgehoben wird, dass das Thema gerade was seine „politischen Folgerungen“ für die „jüngste Vergangenheit und die allernächste Zukunft“ relevant sei: „Besonderes Interesse fand der Redner für seine Ausführungen über die natürlichen großen Häfen, die Großbritannien als Flottenstützpunkte dienen“. Der Beitrag schließt mit dem Hinweis: „Wir können versichert sein, dass die exakte deutsche Wissenschaft, der auch die tiefschürfenden Einzelheiten dieses Vortrages zu verdanken sind, den militärischen Stäben einwandfreie authentische Unterlagen für entscheidende Operationen gegeben hat“. Dörries wurde 1945 in Dresden unter ungeklärten Umständen von sowjetischen Soldaten erschossen.

Mit dem Krieg und der Einberufung von immer mehr Wissenschaftlern, deren Forschung nicht „kriegswichtig“ genug war, um ihnen den Fronteinsatz zu ersparen, fanden Frauen in der Wissenschaft eine zuvor ungeahnte Aufmerksamkeit. Die Württembergische Zeitung (5.1.1944) hebt deren besondere Leistungen in einem Artikel mit der Überschrift „Wie bewährt sich die deutsche Wissenschaftlerin im Kriege? Einsatz der Frau auf Hochschulen und Instituten“ hervor. Der Artikel konstatiert direkt zu Beginn: „Die Frage, ob die wissenschaftlich forschende und lehrende Frau eine wünschenswerte und notwendige Erscheinung ist, ist längst positiv beantwortet worden. In einem so schweren Daseinskampf könnten wir uns die Verschwendung hervorragender Begabungen auf wissenschaftlichem Gebiet, wie sie auch unter den Frauen nicht selten sind, garnicht leisten“. Später verweist der Artikel auf etwa „ein halb Hundert und mehr Frauen“ an den deutschen Hochschulen, die „im engeren oder weiteren Sinne kriegswichtige Arbeit leisten“. Erwähnung finden dann die in Hamburg tätige Physiologin Klotilde Gollwitzer-Meier und die in Berlin tätige Hydrographin Lotte Möller. Der kriegswichtige Beitrag von Möller bezog sich auf „hydrographische Fragen im Ostraum“, mit Blick auf Gollwitzer-Meier wird deren „diagnostische Untersuchungen in den Lazaretten Oeynhausens“ hervorgehoben. Der Beitrag der in Berlin aktiven Staatswissenschaftlerin Charlotte Lorenz „für die Ostraumplanung“ wird ebenso hervorgehoben, wie die in Freiburg tätige Chemikerin Elfriede Husemann, deren „Faserforschung zur Verbesserung von Kunstseide und Zellwolle“ als kriegswichtig eingeschätzt wird. Elisabeth Dane in München „arbeitet im Krieg verstärkt auf dem Gebiet der Vitamin- und Hormonforschung“ und auch Doris Schachner-Korn, Spezialistin für Erzlagerstätten, und Elise Hofmann – von Haus aus Paläobotanikerin, im Krieg spezialisiert auf Kohlenforschung („beides im Krieg nicht uninteressante Gebiete“) - leisten ihren Beitrag.

Nach einem Abschnitt über die besonderen Leistungen niedergelassener Ärztinnen (vereinzelt auch nur Gattinnen von Ärzten, die während deren Fronteinsatz ihrer Männer das Nötigste bewerkstelligten) endet das Loblied auf den Einsatz von Forscherinnen mit der Hervorhebung von erst auf den zweiten Blick sich als „kriegswichtig“ darstellenden Leistungen - zum einen die Namenlosen, die leichtverständliche Vorträge über Sternenkunde für Fernsender im Rahmen der Lazarettbetreuung verantworten, zum anderen die Autorinnen, die sich mit der Arbeit für Grammatik und Wörterbuch des Usbekischen und einer Buchreihe „Turkestanische Bibliothek“ beschäftigen – was die Autorin des Artikels, Docky Hammer, als wichtigen Beitrag „für die geistige Betreuung der turkestanischen Legionäre“ hervorhebt.

Docky Hammer war hauptberuflich Führerin der Reichsfrauenschaft. Als das Ende des Krieges absehbar war, beging die glühende Nationalsozialistin Selbstmord, das Ende des Dritten Reiches wollte sie nicht überleben (vgl. Heß 2016: 200).

Literatur

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Heß, Philipp, 2016: Ein deutscher Amerikaner. Der kosmopolitische Demokrat Hans Simons 1893-1972, Göttingen.

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Notgemeinschaft, 1933: Zwölfter Bericht der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft über ihre Tätigkeit vom 1. April 1932 bis zum 31. März 1933, Berlin.

Rürup, Reinhard, 2012: Schicksale und Karrieren - Gedenkbuch für die von den Nationalsozialisten aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vertriebenen Forscherinnen und Forscher. Unter Mitwirkung von Michael Schüring. Göttingen: Wallstein Verlag.

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Wolff, Stefan L., 2007: Die Ausgrenzung und Vertreibung der Physiker im Nationalsozialismus. Welche Rolle spielte die Deutsche Physikalische Gesellschaft? In: D. Hoffmann; M. Walker (Hrsg.): Physiker zwischen Autonomie und Anpassung. Wiley: Weinheim.

  • Zuletzt aktualisiert: 25.09.2024 14:12
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